Seit dem 1. November 2010 ist das im Herbst 2009 angekündigte, überarbeitete Partnerprogramm von Microsoft im Einsatz. Aufgestellt wurde das neue Microsoft Partner Network (MPN) vor allem auf Basis des Feedbacks von Kunden und Partnern, wie Désirée Heutschi, Partner Strategy & Programs Lead bei
Microsoft Schweiz, im Gespräch mit «Swiss IT Reseller» erklärt. Das alte Programm sei seit 2004 auf dem Markt gewesen und habe viele neue IT-Trends nicht mehr abgebildet. Ausserdem sei eine Differenzierung der Partner kaum möglich gewesen. «Das ist der zentrale Angelpunkt im MPN. Wir setzen den Fokus nun auf die Kompetenzen der Partner. So soll sich der Partner besser gegenüber anderen Partnern abheben können. Zudem gibt das MPN dem Kunden einen Überblick über die Kompetenzen eines Partners.» Die Unternehmen lassen sich nicht mehr als ganze Organisation als Microsoft-Partner akkreditieren. Vielmehr erfolgt die Zertifizierung für einzelne Teilbereiche des Microsoft-Portfolios, so genannten Kompetenzen. «Es gilt also nicht mehr 'one fits all'», so Heutschi.
Fokus auf einzelne Bereiche
Die Basis und den Einstieg in das MPN bildet die Community der ehemaligen Registered Partner. Danach folgen die Microsoft Action Pack Subscribers. Die Partner schliessen dabei ein Abonnement bei Microsoft ab und bekommen für 450 bis 600 Franken pro Jahr Software für den internen Gebrauch im Wert von etwa 35’000 Franken zur Verfügung gestellt. Eine Hybridfunktion übernehmen derweil die Small Business Specialists. Sie legen den Fokus auf KMU und sind auch immer Microsoft Action Pack Subscribers, bekommen aber unter anderem zusätzlich Unterstützung und ein spezielles Logo (SBSC), damit für die Kunden sofort ersichtlich ist, welche Partner auf KMU fokussiert sind.
Die beiden höchsten Partnerstufen – Certified und Gold Certified – gibt es nicht mehr. Neu können sich die Partner Gold- oder Silber-Kompetenzen in einzelnen Bereichen aneignen. «Man ist also nicht mehr einfach Gold-Certified-Partner von
Microsoft, wie man es vorher war», führt Heutschi aus, «sondern erreicht zum Beispiel eine Gold-Kompetenz für den Bereich Virtualisierung.»
Unternehmen brauchen vier Mitarbeiter, die sich für eine bestimmte Kompetenz zertifizieren lassen, um den Gold-Status zu erreichen. Diese vier Angestellten dürfen dann für keine weitere Kompetenz den Gold-Status erwerben. Etwas lockerer sind die Regeln im Silber-Bereich. Dort braucht man für eine Komponenten-Zertifizierung neben anderen Anforderungen zwei Mitarbeiter, die aber auch in anderen Bereichen eine Microsoft-Kompetenz erreichen dürfen.
Eine Ausnahme stellt die auf den Mittelstand fokussierte Midmarket-Solution-Provider-Kompetenz dar. Hier muss man für das Erlangen einer Gold-Kompetenz lediglich drei Mitarbeiter zertifizieren. Dies ist laut Heutschi gerade für die Schweiz als KMU-Land essentiell. «Wir haben sehr viele KMU-Partner», erklärt sie.
Aufwertung der höchsten Stufe
Nur selten hat ein Unternehmen mehrere Gold-Kompetenzen, so Heutschi. Das sei aber auch gar nicht die Idee: «Mit dem neuen Programm wollen wir die Kernkompetenz eines Partners herausstreichen. Weitere Kompetenzen kann er dann mit dem Silber-Level abdecken.» So will Microsoft auch einer Inflation des Gold-Status entgegenwirken, und die Silber-Kompetenzen auf dem bisherigen Gold-Certified-Niveau positionieren. «Wir müssen sicherstellen, dass unsere Gold-Kompetenz-Partner auch Gold wert sind», betont Ieva Simmen, Marketing Manager Microsoft Partner Network bei
Microsoft Schweiz. Es werde Partner geben, die ihren Gold-Status verlieren werden. Aber es sei ja eigentlich auch das Ziel, durch eine klare Positionierung beide Niveaus aufzuwerten.
Weniger Kompetenzen
Insgesamt gibt es im MPN 29 Kompetenzen, die in folgende sechs Cluster eingeteilt werden:Core Infrastructure, Business Productivity, Application Platform, CMR & ERP, Cross Platform Solutions und Medium Business. Vorher gab es 18 Kompetenzen und 25 Spezialisierungen. Aktuell verzeichnet
Microsoft die meisten Neu-Zertifizierungen im Bereich Core Infrastructure, CRM und ERP sowie Cross Platform Solutions, so Simmen.
Momentan hat Microsoft Schweiz über 5500 Partner. Davon sind 760 zertifiziert, verfügen also entweder noch über die bisherigen Stati Gold oder Certified Partner, die sie bis im Oktober 2011 noch verwenden dürfen, oder haben im neuen Programm eine Gold- oder Silber-Kompetenz erreicht. Bislang haben sich über 30 Schweizer Partner für eine Gold-Kompetenz zertifizieren lassen. Aber: «Januar bis März ist für uns die Hochsaison für Rezertifizierungen. Rund 200 Partner haben momentan noch den alten Gold-Status und müssen sich im Laufe des Jahres umstellen», erklärt Heutschi. Im Silber-Bereich haben sich ebenfalls über 30 Partner bereits neu zertifiziert, etwa 400 stehen noch aus.
Cloud als neuer Bestandteil
Ein frischer Aspekt im MPN ist die Cloud. «Die Cloud-Transformation ist ein sehr wichtiges Standbein für Microsoft», so Heutschi. Deshalb stellen die Redmonder neu allen Partnern die zwei Pakete Cloud Essential und Cloud Accelerate für den Einstieg in die Cloud zur Verfügung. «Cloud Essential ist wie eine Art Action Pack, während Cloud Accelerate für die Crème de la Crème ist», führt Heutschi aus.
Cloud-Essential-Partner wird man durch ein Online-Training. Die Anforderungen für eine Cloud-Accelerate-Profilierung sind derweil deutlich höher. So muss ein potentieller Partner unter anderem nachweisen, dass er bereits drei Deals gewonnen hat und muss drei Cloud-Kundenreferenzen vorweisen.
Momentan ist die Cloud ein Teil vieler verschiedener Kompetenzen. «Deshalb gibt es noch keine Cloud-Kompetenz als solche. Vielmehr haben wir die Cloud-Pakete geschnürt, sozusagen als Zwischenstadium. Die Strategie von
Microsoft bewegt sich klar in Richtung Cloud und wir werden immer mehr Cloud-Lösungen anbieten. Dies wird dann künftig auch entsprechend in den Kompetenzen abgebildet», so Heutschi.
Der erste Cloud-Accelerate-Partner von
Microsoft in der Schweiz ist seit Anfang Januar der Brüttiseller IT-Dienstleister
Paninfo (Interview mit Paninfo-Geschäftsführer Matthias Keller im Kasten). Paninfo ist Microsoft-Gold-Certified-Partner und arbeitet aktuell an der Rezertifizierung für das MPN. Angestrebt wird eine Gold-Kompetenz im Bereich Server.
Aktuell haben sich laut Heutschi bald 200 Partner für Cloud Essential angemeldet oder befinden sich im Zertifizierungsprozess. Und auch für Cloud Accelerate habe man einige Partner in der Pipeline.
Interview mit Matthias Keller, Geschäftsführer Paninfo
Swiss IT Reseller: Wieso hat sich Paninfo als Microsoft-Cloud-Accelerate-Partner zertifizieren lassen?Matthias Keller: Wir sind seit geraumer Zeit im Bereich Microsoft Business Productivity Online Suite (BPOS) der führende Schweizer Anbieter mit der grössten Erfahrung, von daher war dieser Schritt für uns eine logische Schlussfolgerung. Dieses Geschäftsfeld hat für uns einen hohen strategischen Stellenwert und wir wollen unsere Nummer 1 Position im Schweizer Markt halten.
Welche Erwartungen haben Sie an das Cloud-Accelerate-Programm?Um den konkreten Nutzen des Programms für uns zu beurteilen, ist es noch zu früh. Wir erwarten davon zusätzliche Benefits, sei es im Know-how-Austausch mit
Microsoft, bei der gemeinsamen Kundengewinnung und natürlich auch in der Wahrnehmung von Paninfo als der führende Microsoft-Cloud-Partner in der Schweiz.
Welche Bedeutung hat die Cloud generell für Paninfo?In der kurzfristigen Denke ist die Cloud für einen Systemintegrator ein zweischneidiges Schwert, weil sie mit dem Kerngeschäft konkurriert. Paninfo hat sich dem Thema proaktiv gestellt und sehr früh eine konstruktive Zusammenarbeit mit Microsoft aufgenommen. Jeder, der mit IT konfrontiert ist, beginnt, sich mit der Cloud auseinanderzusetzen. Unsere Kunden fragen uns vermehrt nach den heutigen und zukünftigen Cloud-Möglichkeiten. Als Partner müssen wir in der Lage sein, unseren Kunden entsprechende Lösungsansätze aufzuzeigen und sie auf dem Weg in die Cloud zu begleiten. Ausserdem können wir neue Kunden, die wir mit dem Cloud-Ansatz gewinnen, dann in der Folge auch mit weiteren Paninfo-IT-Lösungen bedienen. Wir haben zum Beispiel im 2009 die in Dietikon ansässige KVT Solutioneering Group mit einer Sharepoint-Online-Lösung als neuen Kunden gewonnen. Mittlerweile haben wir zusätzlich einen Fünfjahresvertrag für ein Full-Outsourcing der IT-Infrastruktur und Arbeitsplatzumgebung abschliessen dürfen.
(abr)