Sie gibt Milch, hat das Fell eines Schafes und kann Eier legen. Die Rede ist von der eierlegenden Wollmilchsau. Natürlich weiss jeder, dass ein solches Wesen nicht existiert. Wenn man jedoch die Anforderungsprofile von IT-Verkäufern betrachtet, so könnte man manchmal glauben, dass zumindest bei der Kandidatensuche viele Firmen auf der Suche nach eben diesem Fabelwesen sind. Da wird der unternehmerisch denkende und akquisitionsstarke Sales gesucht, der möglichst unter 50 Jahren und zudem einfach zu führen ist. Selbstredend, dass dieser Vertriebsmitarbeiter über fundiertes Produkt- und Fachwissen in genau dem vordefinierten Umfeld mitbringen muss sowie über ein exzellentes Netzwerk im Zielmarkt verfügt.
Hat man bis vor wenigen Jahren auch Quereinsteigern die Möglichkeit gegeben, im IT-Verkauf Fuss zu fassen, so ist dies heutzutage nahezu undenkbar. Heute wollen Firmen meist den fixfertigen Verkäufer, der zu nahezu 100 Prozent dem idealen Anforderungsprofil entspricht. Zugegeben: Wer heute als IT-Verkäufer noch erfolgreich sein möchte, der braucht nebst den Soft-Skills im Verkauf vor allem auch ein tiefes Verständnis eines Marktsegementes sowie umfassendes technisches Know-how. Denn nur so schafft es ein Verkäufer noch, sich beim Kunden als kompetenter Partner auf Augenhöhe zu positionieren.
Fachwissen kann man sich aneignen
Daraus ableiten, dass mit den Fach-Skills alleine der Verkäufer auch wirklich erfolgreich sein kann, kann man aber nicht. Interessant ist nämlich die Tatsache, dass man sich von einem Vertriebsmitarbeiter meist nicht wegen des fehlenden technischen Wissens wieder trennt, sondern weil es entweder auf der persönlichen Ebene nicht funktioniert oder dieser nicht über die notwendigen Soft-Skills im Verkauf verfügt, welche heute unabdingbar sind, um in der IT-Branche im Verkauf noch überleben zu können. Angesichts dieses Umstandes bin ich der Meinung, dass Firmen wieder umdenken sollten. Konkret meine ich damit, dass man einem Vertriebsmitarbeiter, der von der Persönlichkeit und den Verkaufs-Skills her passt, jedoch im technischen Umfeld noch gewisse Defizite aufweist, durchaus auch einmal eine Chance geben sollte. Denn technische Defizite lassen sich in der Regel schnell wettmachen, wenn die entsprechende Bereitschaft seitens des Mitarbeiters vorhanden ist.
Auch wäre es unter Umständen durchaus angebracht, einen Mitarbeiter anzustellen, der aktuell im vorgegebenen Zielmarkt noch nicht über ein entsprechendes Netzwerk verfügt, jedoch den Biss hat, sich dieses Netzwerk dank seiner herausragenden verkäuferischen Qualitäten innert kürzester Zeit selbständig aufzubauen. Mitarbeiter, die über eine hohe Selbstmotivation und Disziplin verfügen und bereit sind, die Extrameile zu gehen, schaffen das auch. Womit wir wieder bei den Persönlichkeitsmerkmalen eines Kandidaten wären, die bei der Einstellung eines Mitarbeiters doch so wichtig wären.
Schlechte Karten ab Mitte 40
Doch es ist nicht nur das fehlende technische und fachliche Wissen oder das nicht vorhandene Netzwerk im vordefinierten Zielmarkt, die dazu führen, dass selbst hochqualifizierte Verkäufer meist monatelang keine Stelle mehr finden, wenn sie erst einmal aus dem Arbeitsprozess aussortiert wurden. Wie ich leider in den letzten vier, fünf Monaten gehäuft beobachtet habe, wird heute auch wieder das Alter zum grossen Thema. Das mag womöglich damit zu tun haben, dass aktuell gerade auch grosse Hersteller wieder beginnen, im grösseren Stil Leute auf die Strasse zu stellen. Treffen tut es dabei oft auch ältere Mitarbeiter mit hohen Gehältern und mit jahrelanger Erfahrung im Verkauf. Durch diesen in der IT-Szene so noch gar nicht offen kommunizierten heimlichen Stellenabbau ist insbesondere im IT-Vertriebsumfeld in den letzten Monaten wieder eine Überkapazität an qualifizierten Verkäufern auf dem Markt entstanden. Dadurch können Firmen wieder aussuchen, wen sie einstellen wollen. Ist dies der Fall, gehören Mitarbeiter ab Mitte 40 im Rekrutierungsprozess am Ende dann oft zu den Verlierern. Denn ihnen werden jüngere Mitarbeiter vorgezogen. Die Begründung lautet vielfach, dass man eben ein junges und dynamisches Team sei und ein älterer Mitarbeiter da einfach nicht hinein passe.
Wenn ich solche Aussagen höre, dann kann ich jeweils nur den Kopf schütteln: Ich finde es völlig anmassend, dass älteren Mitarbeitern die Fähigkeit abgesprochen wird, sich in ein jüngeres Team zu integrieren oder man ihnen hinter vorgehaltener Hand sogar vorwirft, dass sie nicht mehr über den Drive und die Dynamik verfügen, den man offenbar einem jüngeren Mitarbeiter per Definition einfach einmal attestiert. Im Zuge der vielzitierten Chancengleichheit bei der Stellensuche wäre es darum vielleicht auch einmal überdenkenswert, dass Bewerber künftig beim Lebenslauf nicht mehr ihr Alter angeben müssen, was übrigens in den USA schon seit Längerem so praktiziert wird.
Zugegeben: Den richtigen Verkäufer zu finden und einzustellen kann eine echte Herausforderung sein. Auf die eierlegende Wollmilchsau zu hoffen und zu glauben, wenn man diese auf dem Papier gefunden hat, damit auch wirklich die richtige Wahl getroffen zu haben, kann aber auch böse ins Auge gehen. Es würde sich darum empfehlen, ab und zu einmal über den Tellerrand hinauszublicken und auch offen für jene Kandidaten zu sein, deren Profil fachlich vielleicht nur zu 70 oder 80 Prozent passt, die einem auf der anderen Seite aber von der Persönlichkeit her zu 100 Prozent überzeugen. Ich selber kann aus meiner Arbeit als Personalberater nur sagen, dass ich mit solchen Kandidaten meist die besten Erfahrungen gemacht habe.
(ms)