«Es gab Diskrepanzen um die Ausrichtung von Bechtle Direct»
Quelle: Bechtle Deutschland

«Es gab Diskrepanzen um die Ausrichtung von Bechtle Direct»

Bei Bechtle Regensdorf gehen auf einen Schlag zehn Mitarbeiter und bei Bechtle Direct der General Manager Urs Langenegger. Das wirft Fragen auf.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2015/04

     

Bechtle Schweiz sorgte im März für Schlagzeilen, die das Unternehmen wohl lieber vermieden hätte. Den Anfang machte eine Meldung, wonach zehn von 55 Mitarbeitern von Bechtle Regensdorf auf einen Schlag zum Konkurrenten Business IT wechseln. Kurz darauf sickerte durch, dass Urs Langen­egger, General Manager von Bechtle Direct, das Unternehmen nach nur fünf Monaten im Chefsessel verlässt beziehungsweise verlassen muss – wegen Diskrepanzen bei der strategischen Ausrichtung des Unternehmens. Basierend auf diesen Schlagzeilen meldeten sich dann Mitarbeiter von Bechtle IT Services in Reinach anonym bei der Redaktion von «Swiss IT Reseller» und berichteten ihrerseits von Entlassungen, die «alles andere als schön» abgelaufen seien. Was also liegt bei Bechtle in der Schweiz im Argen? Wir haben bei Gerhard Marz, Bereichsvorstand bei der Bechtle Gruppe in Deutschland und verantwortlich für die 15 Bechtle-Gesellschaften in der Schweiz, nachgefragt.

Ungewöhnlich und bedauerlich


«Bei den zehn Mitarbeitern, die Bechtle Regensdorf verlassen haben, kann ich keinerlei Komplikationen erkennen. Das waren individuelle Entscheidungen dieser Mitarbeiter, die einen Wechsel bereits seit längerer Zeit in Erwägung gezogen haben. Nun haben sie ein interessantes Angebot erhalten und dieses angenommen», macht Marz zum ersten Fall klar. Dass die Mitarbeiter Bechtle verlassen, sei bedauerlich, und dass gleich zehn auf einen Schlag gehen ungewöhnlich. «Doch Veränderungen gehören zum Geschäft, und in der Schweiz ist es keine Seltenheit, dass ganze Gruppen den Arbeitgeber wechseln. Wir haben auch schon ganze Teams bei uns eingestellt, bisher hatten wir nur noch nie einen Abgang einer ganzen Gruppe. Aber völlig überraschend kam das nicht.»
Zu den Entlassungen bei Bechtle IT Services in Reinach, die mit Nebengeräuschen über die Bühne gegangen sein sollen, könne er keine Stellung nehmen, so Marz. «Diese Fälle sind mir nicht bekannt. Wäre es tatsächlich so, würde ich dem sicher nachgehen.» Personelle Wechsel seien in Reinach aber nicht ungewöhnlich, da Bechtle dort im sogenannten Skill Business tätig ist – sprich IT-Fachkräfte quasi an Firmen verleiht. «Dabei kommt es jedes Jahr gut und gerne zu 30 oder sogar noch mehr Abgängen, weil Mandate auslaufen und für bestimmte Mitar­beiter mit bestimmten Profilen nach Ablauf des Mandats keine Anschlussbeschäftigung möglich ist.» Das werde den Mitarbeitern aber von Anfang an klar kommuniziert und sei so auch üblich.

Diskrepanz rund um die Strategie


Zur Frage, was im Fall Urs Langenegger schief gelaufen sei, erklärt Marz: «Ich würde nicht sagen, dass etwas schiefgelaufen ist. Es war einfach so, dass es Diskrepanzen rund um die strategische Ausrichtung von Bechtle Direct gab.» Die Ansichten, wie Urs Langenegger und wie die Konzernführung den Markt angehen wollten, seien unterschiedlich gewesen, und unter diesen Voraussetzungen sei es sinnvoller gewesen, die Zusammenarbeit zu beenden. Auf den Einwand, dass Langenegger beim Stellenantritt die Strategie doch sicherlich gekannt hat, entgegnet Marz: «Davon gehe ich natürlich aus. Doch es kommt nun mal vor, dass es im Verständnis einer Sache verschiedene Ansichten oder auch mal Missverständnisse gibt. Es kann sein, dass gewisse Nuancen der Ausrichtung erst im Laufe der Zeit innerhalb von Strategiediskussionen klar geworden sind.» Und im Laufe dieser durchaus üblichen Diskussionen habe man gemerkt, dass es nicht passt, was er sehr bedaure, so Marz – auch menschlich, denn er kenne Urs Langenegger sehr gut und schätze ihn sehr. «Doch es hat für beide Seiten nicht gepasst, dann macht es keinen Sinn.»
Interimsmässig hat nun Mario Düll, Geschäftsführer von Bechtle Direct Deutschland, die Leitung des Unternehmens in der Schweiz übernommen. Die Suche nach einem Nachfolger laufe, die Zahl der Bewerbungen sei sehr gross, aber man wolle sich Zeit lassen.

Keine ungewöhnliche Häufung

Dass es im März nun zu einer Häufung von Personal-Negativmeldungen rund um Bechtle gekommen sei, könne man je nach Perspek­tive allenfalls als unglücklich bezeichnen, gibt Marz zu. «Aus einer professionellen Sicht aber kann ich nicht von einer ungewöhnlichen Häufung sprechen. Ich betrachte Urs Langeneggers Abgang aus menschlicher Sicht wie gesagt als bedauerlich, sachlich aber nicht als ungewöhnlich. Dass uns ein ganzes Team verlässt, ist sicher nicht alltäglich, aber das gibt es im Markt immer wieder. Und zu den angeblichen Fällen in Reinach kann ich nichts sagen, da ich die Abgänge als Teil des Geschäftsmodells betrachte. Etwas anderes ist mir persönlich nicht bekannt.» Und deshalb könne er die Frage, ob die Stimmung bei den Mitarbeitern von Bechtle Schweiz gut sei, durchaus mit «Ja» beantworten. Und er glaube auch nicht, dass er in Deutschland zu weit weg vom Puls der Schweizer Mitarbeiter sei. Er sei schliesslich jede Woche mehrere Tage in der Schweiz, und er habe ein tolles Team vor Ort, mit hervorragenden Geschäftsführern und Spezialisten.
Bechtle sei sehr engagiert rund um die Mitarbeiter, stellt Marz zum Abschluss klar. Falls es aber trotzdem Mitarbeiter gäbe, die etwas zu beanstanden hätten, dann hoffe er und bitte er diese, sich direkt an ihn zu wenden. «Handeln kann ich nur dann, wenn ich etwas direkt mitbekomme. Kein Mit­arbeiter findet bei mir eine verschlossene Türe vor.» (mw)


Artikel kommentieren
Kommentare werden vor der Freischaltung durch die Redaktion geprüft.

Anti-Spam-Frage: Welchen Beruf übte das tapfere Schneiderlein aus?
GOLD SPONSOREN
SPONSOREN & PARTNER