Während dem Verkauf in den meisten Unternehmen grosses Augenmerk geschenkt wird, wird der Einkauf vielfach sträflich vernachlässigt. Dabei entscheidet die Qualität des Einkaufs oftmals über die Höhe des Umsatzes und des Gewinns mit und ist somit ein ausschlaggebender Faktor über Erfolg oder Misserfolg. Wer zu teuer einkauft, der muss die Ware auch teurer wieder verkaufen und verliert so unter Umständen Kunden und Umsatz. Zudem ist es entscheidend, dass sich die Beschaffung auf konstant hohem Niveau bewegt und die etablierten Prozesse regelmässig analysiert und gegebenenfalls angepasst werden. Nur so kann man als Händler gegenüber seinen Kunden garantieren, dass Produkte in hoher Qualität, zur rechten Zeit und zu günstigen Konditionen geliefert werden. «Swiss IT Reseller» hat deshalb in einer Online-Umfrage Schweizer ICT-Händler dazu befragt, wie sie einkaufen und wie sich die Beziehungen zu ihren Lieferanten gestalten.
Einkauf bei einem oder mehreren Distributoren
In einem ersten Schritt stellt sich für Händler die Frage, ob sie sich bei ihrer Einkaufsstrategie auf einen Lieferanten verlassen wollen, der ihnen alles Nötige liefern kann, oder ob die Ware bei verschiedenen Distributoren bezogen wird. Dabei hat die Online-Umfrage von «Swiss IT Reseller» gezeigt, dass mit 60 Prozent etwas mehr als die Hälfte der Händler bei unterschiedlichen Lieferanten einkauft, während 40 Prozent eine Ein-Distributor-Strategie verfolgen.
Gefragt nach den Gründen für die jeweils gewählte Einkaufsstrategie wiederholen sich einige Faktoren immer wieder. So führen diejenigen Händler, die ihre Produkte bei verschiedenen Distributoren beziehen, immer wieder Preis und Verfügbarkeit der Ware als Gründe an. Die Händler, die mehrheitlich bei einem einzigen Lieferanten einkaufen, tun dies hingegen aus Gründen der Einfachheit und der Nähe sowie wegen der Konditionen. So gibt etwa Patrik Rohrer von Frey+Cie Telecom die Rückvergütungen des Distributors sowie eine gewisse Nähe respektive Direktbetreuung bei genügend Umsatz als Gründe an. Von anderer Seite werden derweil der zentrale Einkauf, die Einfachheit im Handling sowie des Bestellprozesses ins Feld geführt. Silvio Moro von Cosmoro erwähnt zudem den geringeren Administrationsaufwand sowie die klaren Strukturen als eindeutige Vorteile bei einer Ein-Disti-Strategie. Die gute Beziehung zum Disti und immer dieselben, persönlichen Ansprechpartner werden als weitere Pluspunkte angeführt. Die Menschen seien in diesem Geschäft wichtiger als der Preis, heisst es von anderer Seite. Oder wie es Roger Hiestand von Nobitec zusammenfasst «Alles aus einer Hand» spricht für die Ein-Disti-Strategie beim Einkauf.
Dennoch kauft mehr als die Hälfte der befragten IT-Händler bei mehreren Distributoren ein. Dabei lassen sich für die Entscheidung für diese Einkaufsstrategie die Hauptgründe Verfügbarkeit, Vielfalt und Preis zusammenfassen. So profitiere man als IT-Händler bei einer Mehr-Disti-Strategie von günstigeren Preisen, weil man bei verschiedenen Lieferanten vergleichen könne. Zudem werden die Lagerbestände und das grössere Sortiment ebenso wie die Verfügbarkeit als Pluspunkte aufgelistet. Des weiteren berufen sich die teilnehmenden Händler mit Mehr-Disti-Strategie auf ihre Erfahrungswerte: Nicht immer derselbe Disti ist im jeweiligen Segment der Beste. Ausserdem lassen sich Preise und Leistungen der verschiedenen Distributoren vergleichen und es gäbe nicht alles bei nur einem Disti, heisst es weiter. Schliesslich gehe es immer darum, den besten Preis und die beste Verfügbarkeit zu haben.
(Quelle: Swiss IT Reseller)
(Quelle: Swiss IT Reseller)
(Quelle: Swiss IT Reseller)
(Quelle: Swiss IT Reseller)
(Quelle: Swiss IT Reseller)
Verfügbarkeit als ausschlaggebendes Kriterium
Die Verfügbarkeit der Ware wird in der Umfrage von «Swiss IT Reseller» denn auch von 81,4 Prozent aller IT-Händler als wichtigster Faktor bei der Wahl eines Lieferanten genannt. Weitere Kriterien, die mit 72,9 Prozent respektive 70 Prozent ebenfalls hohe Prozentzahlen erreichen, sind der Preis der Ware sowie die Verlässlichkeit – sprich der Distributor hält sich an die getroffenen Vereinbarungen. Erstaunlicherweise werden die Faktoren Liefergenauigkeit sowie Lieferpünktlichkeit mit Nennungen von jeweils 32,9 Prozent als die am wenig wichtigsten Kriterien bei der Entscheidung für einen Lieferanten eingestuft.
Beziehungen auf dem Prüfstand
Die IT-Händler scheinen sich darüber im Klaren zu sein, dass die Wahl des Lieferanten und die Art der Zusammenarbeit mit diesem durchaus über Erfolg oder eben Misserfolg entscheiden können. Auch wenn langfristige, vertrauensvolle Beziehungen wertvoll und wichtig sind, so geben 35,7 Prozent der Umfrage-Teilnehmer an, dass sie ihre Lieferantenbeziehungen einmal pro Jahr prüfen. Und 31,4 Prozent analysieren und durchleuchten die Beziehung und Zusammenarbeit mit ihren Distributoren gar mehrmals jährlich. Ebenso viele Umfrageteilnehmer geben allerdings auch an, dass sie seltener als jährlich ihre Lieferantenbeziehungen auf den Prüfstand stellen.
Als Gründe für die Prüfung der Lieferantenbeziehung werden diverse Faktoren genannt. So nennt etwa Patrik Rohrer von Frey + Cie Telecom die Zielvereinbarungen sowie Personenwechsel bei den Distributoren als Gründe. Ebenso wichtig ist zudem die Analyse der bestehenden Konditionen. Dabei erhofft man sich unter anderem die Bestätigung, dass der gewählte Lieferant immer noch zu den Besten gehört. Thomas Kaspar von Schlüssel Informatik untersucht jeweils, ob die Bedingungen wie Preis und Verfügbarkeit im Vergleich zur Konkurrenz noch stimmen. Ausserdem betrachtet Kaspar jeweils die Betreuung unter dem Jahr als wichtigen Punkt. Gerade die Verfügbarkeit der Produkte wird relativ häufig als Beweggrund genannt, die bestehenden Lieferantenbeziehungen zu überdenken. Zudem soll auch geprüft werden, ob es Änderungen im Angebot gibt, wie einige Umfrageteilnehmer als Beweggrund angeben. So stehen sowohl das Produktesortiment der Lieferanten als auch die Qualität der Ware auf dem Prüfstand. Nebst mangelnder Qualität wird zudem auch fehlende Kulanz beim Distributor als Grund für eine Analyse und eine eventuelle Beendigung der Beziehung genannt. Im Zentrum steht wohl aber bei allen die Optimierung der Einkaufsbedingungen. So erstaunt es dann auch nicht, dass das Preis-/Leistungsverhältnis der am häufigsten genannte Grund für eine Prüfung der Lieferantenbeziehungen ist.
Auf Wissensschatz der Lieferanten zurückgreifen
Wer mit seinen Lieferanten ein gutes Verhältnis pflegt, kann durchaus auch von deren Wissen profitieren und wird wohl auch auf neue Produkte oder Verkaufsmöglichkeiten hingewiesen. Dass die Händler dies durchaus zu schätzen wissen und eine enge Beziehung mit den Lieferanten pflegen, zeigt auch die aktuelle Umfrage von «Swiss IT Reseller». So lassen sich doch mit 54,3 Prozent mehr als die Hälfte der Umfrageteilnehmer beim Produkteinkauf sowie bei der Zusammenstellung ihres Portfolios vom Lieferanten beraten, während 32,9 Prozent darauf verzichten.
Dabei scheint der Beratungsbedarf bezüglich Lizenzierung und Software-Lizenzen gross zu sein, weil sich deren Voraussetzungen und Bedingungen immer mal wieder ändern. Aber auch bei sehr spezifischen Anfragen verlassen sich viele Händler auf die Hilfe des Lieferanten. So lässt sich etwa Iwan Reinert von Inetdirect bei technischen Abklärungen, die nicht zum Standardportfolio des Unternehmens gehören, vom Lieferanten beraten. Andere Händler greifen derweil bei komplexen Produkten und Gesamtlösungen auf das Wissen der Distributoren zurück. Ein weiterer Grund, sich vom Lieferanten beraten zu lassen, sehen die befragten Händler, wenn ein Produkt in ihrem Portfolio das Ende seines Lebenszyklus erreicht hat. Der Distributor wisse dann am besten, welches aktuelle Nachfolgeprodukt dem vorhergegangenen am ähnlichsten und für die Kunden am geeignetsten sei. Ebenso verlassen sich viele Händler auf die Hilfe der Lieferanten, wenn es darum geht, wie die verschiedenen Produkte unterschiedlicher Hersteller zusammenspielen.
Kaufen auf Vorrat
Mit 62,9 Prozent der Umfrageteilnehmer lagern mehr als die Hälfte der hiesigen IT-Händler ihre georderte Ware sowohl in einem eigenen Lager und lassen teilweise aber auch den Distributor die Produkte direkt an den Kunden liefern. Nichtsdestotrotz geben 40 Prozent der IT-Händler an, dass sie nie grosse Posten auf Vorrat einkaufen, um von Rabatten zu profitieren, weil sie keinen Lagerplatz haben. Immerhin 38,6 Prozent der Umfrageteilnehmer verfolgen diese Strategie gelegentlich. 18,6 Prozent kaufen derweil nie auf Vorrat ein und geben dafür finanzielle Gründe an. Mit 2,9 Prozent lediglich ein verschwindend kleiner Teil der befragten IT-Händler kaufen wo immer möglich grosse Posten ein, um von Rabatten zu profitieren.
Dabei ist auch der gemeinsame Einkauf, auch Cooperative Sourcing genannt, durchaus ein Thema – wenn auch nur am Rande. Von Cooperative Sourcing spricht man, im Gegensatz zum autonomen Sourcing, wenn Unternehmen zum Zweck der gemeinsamen Beschaffung Kooperationen mit anderen Firmen eingehen (mehr dazu auf S. 38). Hierzulande scheint dieses Modell allerdings noch kaum verbreitet zu sein. So beantworten mit 90 Prozent beinahe alle Händler die Frage danach, ob sie zusammen mit anderen Händlern einkaufen, um etwa von höheren Rabatten zu profitieren, abschlägig. Lediglich 5,7 Prozent geben an, dass sie mit anderen Händlern gemeinsam beschaffen und immerhin 4,3 Prozent der Umfrageteilnehmer tun dies gelegentlich.
Direkt beim Hersteller einkaufen
Online-Shops oder -portale sind der bevorzugte Einkaufskanal von 80 Prozent der befragten IT-Händler. Dahinter folgt mit 17,1 Prozent abgeschlagen die E-Mail. Zudem geben 27,1 Prozent der Umfrageteilnehmer an, dass sie auch bei anderen Händlern einkaufen. 51,4 Prozent tun dies zumindest gelegentlich. Nur gerade 18,6 Prozent verzichten laut eigenen Angaben komplett darauf, bei anderen Händlern Ware zu beziehen. Nebst dem Einkauf beim Lieferanten oder bei anderen Händlern bietet sich Resellern natürlich auch der Direkteinkauf beim Hersteller an. Mit 41,4 Prozent der Umfrageteilnehmer verzichten aber viele Befragte ganz auf diese Praxis. Immerhin rund ein Viertel praktiziert dieses Vorgehen derweil, weitere 32,9 Prozent kaufen zumindest gelegentlich direkt beim Hersteller ein.
Als Beweggrund wird etwa die Nähe zum Hersteller genannt. So profitiert man beispielsweise bei Frey + Cie Telecom laut Patrik Rohrer von Informationen aus erster Hand – nebst besseren Preisen bei Projekten und einer einfacheren Handhabung von Marketing-Geldern. Weitere Vorteile durch den Direkteinkauf beim Hersteller, die von verschiedenen Händlern genannt wurden, sind zudem Zeit- und Nebenkostenersparnisse sowie ein direktes Feedback zu Produkten und Services oder gar ein besseres technisches Wissen, über welches der Hersteller gegenüber dem Distributor verfügt. Gewisse Händler sind davon überzeugt, dass die Hersteller die Produkte besser kennen und auch im Servicebereich oder bezüglich Support besser Auskunft geben können.
Thomas Mühlemann von Antras Informationstechnologie führt damit, dass beim Hersteller spezifische Konfigurationen der Produkte möglich sind, einen weiteren Punkt für den Direkteinkauf ins Feld. So geben einige Händler etwa an, dass sie gerade Build-to-Order-Geräte direkt beim Hersteller bestellen. Zudem haben gewisse Hersteller gar keine Distributoren und den Händlern bleibt nur der direkte Einkaufsweg. Am häufigsten wird aber auch hier der Preis als Argument für die Praxis, direkt beim Hersteller einzukaufen, genannt. So führt der Einkauf direkt beim Hersteller etwa zu Margenoptimierung, weil der Zwischenhandel wegfällt und die Preise nicht in die Höhe getrieben werden – wovon auch der Kunde profitiert. Ausserdem versprechen sich die Händler bessere Konditionen, wenn man etwa bei Grosseinkäufen direkt an den Hersteller herantritt und der Weg über den Lieferanten entfällt. Dies bestätigt etwa Nicole Griesser von CSI, die angibt, dass sie direkt beim Hersteller von besseren Preisen bei grösseren Mengen profitiert als beim Distributor.
(abr)