"Swiss IT Reseller": Herr Wortmann, wie überraschend war es für Sie, als diesen Frühling das gesamte Team von Terra Wortmann in der Schweiz das Handtuch geworfen hat und zu Zibris gewechselt ist?Siegbert Wortmann: Das war schon sehr überraschend, weil ich damit wirklich nicht gerechnet hatte. Sicher gab es die eine oder andere Meinungsverschiedenheit mit Andy Beck, aber dass Herr Beck dem Unternehmen zusammen mit dem ganzen Team den Rücken kehrt, das hat sich in keiner Weise abgezeichnet.
Als Folge des überraschenden Abgangs waren die Wortmann-Büros in Kriens diesen Sommer verwaist. Wie sieht die Situation heute aus? Gibt es die Büros in Kriens noch?Die Büros gibt es noch, und wir sind aktuell daran, wieder eine Vor-Ort-Präsenz aufzubauen – mit einem bis zwei Repräsentanten in der Schweiz. Diese Leute suchen wir aktuell.
Die Leitung des Schweizer Sitzes bleibt bei Sascha Wiebe, der im Frühling als Country Manager berufen wurde?Ja, die bleibt bei Herrn Wiebe.
Und wie wird Wortmann in der Schweiz künftig den Service erbringen, der früher zu grossen Teilen in Kriens erledigt wurde?Um den Service kümmern wir uns mittlerweile grösstenteils von Deutschland aus. Das bringt eine Reihe von Vorteilen mit sich. So ist der Service schneller, weil die Ware nicht mehr den Umweg über Kriens machen muss. Dadurch gewinnen wir einen Tag. Zudem wird der Service qualitativ besser, denn in der Schweiz arbeiteten früher zwei bis drei Techniker, in Deutschland sind es 30 bis 40 Techniker. Kommt hinzu, dass in Deutschland alle Ersatzteile an Lager sind, auch für Geräte, die vielleicht etwas weniger häufig verkauft wurden.
Nachdem die Wortmmann-Leute zu Zibris wechselten, wurde eine Kooperation geschlossen, so dass Zibris gewisse Serviceaufgaben für Sie übernahm. Ist das kein Thema mehr? Doch, es gibt eine Reihe von Service-Aufgaben, die nach wie vor in der Schweiz ausgeführt werden. Hier arbeiten wir weiter mit Zibris als Servicepartner zusammen und die Zusammenarbeit läuft ganz gut. Wir sind zufrieden und wollen das beibehalten. Schliesslich sind es bei Zibris ja unsere ehemaligen Leute, die sich weiter um unsere Kunden kümmern.
Trotzdem: Glauben Sie, dass Sie den unbestritten hohen Servicelevel, den Wortmann in Vergangenheit in der Schweiz geboten hat, halten können, wenn das Gros des Service aus Deutschland aus erbracht wird – insbesondere, was die Reaktionszeiten angeht?Davon bin ich überzeugt. Den Vor-Ort-Service können wir dadurch sicherstellen, dass wir eine Vereinbarung mit unserem Logistikpartner haben, die vorsieht, dass ein Ersatzteil bis zum nächsten Tag um 12.00 Uhr in der Schweiz ist. Und dann wird ja wie erwähnt ein Teil des Service von Zibris erbracht, von denselben Leuten, die das schon vorher gemacht haben. Ich gehe also davon aus, dass hier die Qualität ebenfalls gleichbleibt.
Seitens der Händler kann ich mir aber vorstellen, dass es Skepsis gibt, wenn sie nun plötzlich von Deutschland aus betreut werden?Das ist ja nicht plötzlich geschehen. Die Händler wurden immer schon von Deutschland aus betreut. Verkauf und Vertrieb wurde zu grossen Teilen seit eh und je von Deutschland aus gemacht.
Doch die Betreuung, die Andy Beck bei den Partnern geleistet hat, die fehlt?Das stimmt, und darum suchen wir Mitarbeiter, die diese Aufgabe übernehmen.
Wenn Sie nun mit ihren Schweizer Händlern sprechen: Wo liegen deren Bedenken angesichts der Veränderungen in diesem Jahr?Zu Beginn gab es sicher eine gewisse Skepsis. Doch nachdem wir nun bereits drei, vier Monate in diesem neuen Konstrukt gearbeitet haben, höre ich von den Händlern, dass sie eigentlich keinen grossen Unterschied und schon gar keinen Nachteil feststellen können.
Soll sich an der Zahl oder in der Struktur der Schweizer Händlerlandschaft etwas ändern?Wir hätten natürlich gerne noch ein paar neue Händler mehr und freuen uns über jeden Händler, der mit uns arbeiten möchte. Die Struktur soll aber bleiben wie sie ist.
Im Sommer hat Herr Wiebe angekündigt, dass Wortmann Schweiz mit Westfalia Solutions Logistics Switzerland – einem anderen Unternehmen der Wortmann-Gruppe – in Balsthal zusammengelegt werden soll. Wie weit sind diese Pläne fortgeschritten?Diese Zusammenlegung ist erfolgt, der Sitz von Westfalia wurde nach Kriens verlegt, in erster Linie aus steuerlichen Gründen, aber auch weil es aus geschäftsstrategischer Sicht Sinn macht, die beiden Sitze in Kriens zusammenzuführen.
Wie gross ist in der Schweiz der Umsatzanteil der Händler, die direkt betreut werden, im Vergleich mit dem Umsatz, der via Distribution gemacht wird?
Wir machen in der Schweiz gut 40 Millionen Franken Umsatz. Rund die Hälfte davon machen wir mit unseren Terra-Produkten über die Fachhändler und Systemhäuser, und die anderen 20 Millionen über die grossen Schweizer Distributoren.
Angesichts der 1,2 Milliarden Umsatz, die die gesamte Wortmann-Gruppe macht: Wie wichtig ist ihnen der Verkauf von PCs und Servern in der Schweiz?
Betrachtet man nur den IT-Bereich, machen wir rund 680 Millionen Euro Umsatz. Die 40 Millionen aus der Schweiz sind hier natürlich sehr wichtig, entsprechend wichtig ist auch die Schweiz für uns. Zumal die Schweiz auch sprachlich und kulturell sehr gut zu uns passt.
Ein ganz anderes Thema zum Abschluss: Wir treffen uns hier am Wortmann Händlertag 2017 in Egerkingen (siehe auch S. 38). Auf der Agenda steht unter anderem das Thema Leasing. Plant Wortmann hier ein Angebot?Wir haben hier für den Händlertag die Grenke Leasing eingeladen, einfach um den Partnern einmal aufzuzeigen, welche Möglichkeiten Leasing bietet. In Deutschland haben wir eine eigene Leasinggesellschaft und bieten Leasing an, in der Schweiz allerding noch nicht.
Gibt es entsprechende Pläne?Das hängt davon ab, wie gross das Interesse ist. Vorerst bieten wir Leasing in der Schweiz über Grenke an. Sollten wir sehen, dass das Interesse da ist und sich ein gewisses Volumen abzeichnet, dann wäre es sicher denkbar, auch in der Schweiz eine Leasinggesellschaft zu gründen. Doch dazu ist ein ziemlich grosser Aufwand vonnöten, entsprechend muss eine gewisse Nachfrage schon da sein. Wir sind nun gespannt, wie sich das Ganze in der Schweiz entwickelt, denn der Schweizer funktioniert eher so, dass er seine Ware lieber bezahlt und das Geschäft damit abschliesst, als dass er ein Leasing macht. Doch insbesondere bei der jüngeren Generation ist Finanzierung auch hierzulande ein Thema. ?
Komplettabgang zu Zibris
Anfang Juni 2017 wurde bekannt, dass das komplette Schweizer Wortmann-Team zum Server- und Storage-Disti Zibris wechselt – angeführt von Andy Beck, Gründungsmitglied und jahrelanger Geschäftsführer von
Wortmann Schweiz. Beck begründete seinen Wechsel damals mit der Suche nach einer neuen Herausforderung. Dass mit ihm das ganze Team mitwechseln wolle, sei auch für ihn überraschend gewesen, erklärte er später im Gespräch mit dieser Zeitschrift.
(mw)