"Wir hatten 2018 wirklich ein sehr gutes Jahr – ein so gutes Jahr wie seit zehn Jahren nicht mehr", kommentiert Santosh Wadwa, frisch gebackener Senior Director CCD & Channel Sales Central Europe (CE; Deutschland, Schweiz, Österreich) bei
Fujitsu, das vergangene Geschäftsjahr des japanischen Herstellers. Gerade mit der Performance im CE-Markt sei das Unternehmen zufrieden, nicht zuletzt dank einer Vielzahl Awards von Kunden und Partnern. Probleme gab es 2018 derweil im Hardware-Bereich. Wadwa erklärt: "Wir hatten mit der Intel-Krise zu kämpfen, als die CPUs auf dem Markt knapp waren." Deshalb, so Wadwa, lieferte Fujitsu zwar weniger CCD-Produkte (Client Computing Devices) aus als geplant, konnte in der Hardware-Sparte in Zentraleuropa aber trotzdem ein positives Jahresergebnis erzielen. "Das Wachstum des letzten Jahres in der Schweiz kommt vor allem aus der Profitabilität, sprich wir haben höherwertige Ware verkauft als noch vor zwei Jahren", erklärt Martin Nussbaumer, Head of Product Sales Switzerland, ergänzend.
Vier Fünftel sind Channel
Der grösste Teil dieses Ergebnisses kommt aus dem Geschäft mit dem Channel. Wadwa erklärt: "Über 80 Prozent unseres Produkt-Umsatzes in Central Europe ist Channel-Geschäft, das ist immens." Das Select-Partner-Programm von Fujitsu unterteilt die registrierten Partner in vier Kategorien: Registered, Experts, Circle und Infinite. Letztere gibt es in der Schweiz keine und den Circle-Status geniesst hierzulande nur ein einziges Unternehmen. Das soll sich noch dieses Jahr ändern, wie Martin Nussbaumer erklärt: "Den hohen Channel-Anteil im Produktgeschäft können wir nur halten, wenn wir auch Grosskunden beliefern können. Dafür brauchen wir Partner mit einer kritischen Grösse, die das Geschäft verstehen und für den Endkunden einen Zusatznutzen generieren können. Daher möchten wir bis zum Ende des Jahres zwei oder drei weitere Select-Circle-Partner in der Schweiz haben."
Auf der anderen Seite steht der Kundenkreis, bei dem Fujitsu speziell in der Schweiz weiterhin stark sein will. Wadwa: "Wir sehen uns – besonders im deutschsprachigen Raum – als Mittelstandsdienstleister. Die Kernkompetenz des Mittelstandes ist aber nicht IT, sondern Produktion, Beratung oder ähnliches. Die IT soll so einfach wie möglich betrieben werden und da ist das Fujitsu-Portfolio im Bereich der integrierten Systeme passend."
Das Lösungsgeschäft
Um Gesamtlösungen anbieten zu können, fokussiert sich das japanische Unternehmen derzeit vermehrt auf Services. Dies bedeutet jedoch keinen Rückgang des Hardware-Geschäfts, wie die Channel-Chefs betonen. Dazu Wadwa: "Wir haben, was unsere Zukunft angeht, einen sehr starken Fokus auf Services. In den nächsten Jahren werden wir allein im deutschsprachigen Raum 700 neue Mitarbeiter einstellen, die genau diese Service-Kompetenzen mitbringen. Damit stellen wir die Weichen, auch in Zukunft erfolgreich zu sein."
Fujitsu möchte also das Service-Geschäft erweitern und gleichzeitig wie bisher Hardware verkaufen. Denn letztlich braucht jede Cloud- oder IoT-Anwendung auch Hardware, auf der sie läuft. Das Unternehmen sieht damit die Entwicklung spezifischer Lösungen als Teil des Service-Geschäftes. Ob Edge, Industrie 4.0 oder andere Digitalisierungsthemen – Fujitsu wolle mit neuen Lösungen und den flankierenden Services vorne mit dabei sein, so Nussbaumer.
Gemeinschaftliche Entwicklung
Für die Zukunft hat
Fujitsu grosse Pläne – besonders in den Bereichen Künstliche Intelligenz und Supercomputing. Die damit verknüpften Lösungen sind der AI-Chipsatz Zinrai Deep Learning Unit (DLU) und der Digital Annealer (DA). Der DA ist eine Quantencomputing-inspirierte Recheneinheit, die grosse kombinatorische Optimierungsprobleme nahezu in Echtzeit lösen kann. Für den DA laufen bereits Proof of Concepts, die DLU soll im Herbst lanciert werden.
Auch, aber nicht nur mit diesen beiden neuen Plattformen will Fujitsu in naher Zukunft eine Reihe neuer Use Cases und Lösungen entwickeln. Zu diesem Zweck sollen auch Partner und Kunden hinzugezogen werden. Denn: "Selbst Fujitsu kann das Potential eines solchen Chipsatzes wahrscheinlich noch nicht ganz abschätzen", so Wadwa. Um die entsprechenden Cases zu entwickeln, wurden über den Globus verteilt fünf Digital Transformation Centers (DTC) eingerichtet. In denen erarbeitet Fujitsu im Rahmen von Co-Creation Workshops mit Partnern, Kunden und passenden Experten neue Lösungskonzepte. Das für die Schweiz nächstgelegene DTC befindet sich in München und ist für die Schweizer Partner und Kunden zugänglich. Wem München zu weit ist, der kann trotzdem von den Co-Creation Workshops profitieren, wie Wadwa erklärt: "Erstmals haben wir heute das mobile DTC in einer abgespeckten Version eingeführt, damit fahren wir auch direkt zum Kunden und machen die Workshops vor Ort mit unseren Partnern." Martin Nussbaumer erklärt die Workshops im Detail: "Der Kunde oder Partner bereitet sich vor den Workshops entsprechend vor – es gibt einen Fragenkatalog und Anforderungsprofil, man bestimmt den Standort und den Zielzustand. Wir evaluieren anschliessend, was wir benötigen, um dieses Thema gemeinsam anzuschauen. Oftmals sind auch normale Angestellte aus dem Unternehmen und externe Spezialisten dabei, so können wir sehr tief in die Materie eintauchen." Die drei Zauberworte seien Know-how, Effizienz und Kreativität, fügt Wadwa an. Das Konzept ist dabei bewusst offen für die Partner – diese sind daher aufgefordert, Fujitsu mit praktischen Problemen und Cases zu konfrontieren. Mit der Nachricht "Bitte kommt und fordert uns in neuen Geschäftsbereichen!" richtet sich Wadwa denn auch direkt an die Schweizer Partnerlandschaft.
Der neue Channel-Chef für DACH
In seiner neuen Position sieht Wadwa für den deutschsprachigen Markt zuvorderst Chancen: "Ich sehe im europäischen Markt allgemein noch viel Potential, das merken wir derzeit besonders in den Co-Creation-Workshops. Weiter sehe ich viel Potential in einer optimierten Supply Chain, mit der wir nicht so abhängig von Intel-Krisen und Ähnlichem sind. Ausserdem gibt es eine grosse Nachfrage nach neuen Themen wie eben KI und Supercomputing." Zu schaffen macht ihm derweil der allgemeine Wettbewerbsdruck, besonders von Seiten China im Bereich der Hardware-Preise.
Für die Schweiz sehe er vor allem "ein immenses Potential, was die Kaufkraft angeht", wie er angibt. Dies schöpfe man als
Fujitsu jedoch noch zu wenig aus. Deshalb hat die europäische Führung gemeinsam mit der Schweizer Channel-Leitung und Partnerunternehmen ein Konzept ausgearbeitet, um hierzulande noch besser Fuss fassen zu können. "Dafür ist etwa eine viel stärkere Partnerbreite gefragt", so Wadwa weiter. Aus Schweizer Sicht scheint das Modell der CE-Führung für den deutschsprachigen Raum zu funktionieren, Martin Nussbaumer zumindest lobt die neue Organisation: "Wir haben in der Schweiz durch die Verbesserung der Distribution in Zentraleuropa neu mehr Möglichkeiten, grössere Stückzahlen und bessere Assembly-Services, die wir anbieten können. Ausserdem können wir gerade Schweizer Eigenheiten heute genauer in unseren Tools abbilden und haben mehr Spezialisten zur Hand, die wir Kunden und Partnern zur Verfügung stellen können. All das ist nur aufgrund der CE-Organisation möglich."
(win)