Videokonferenzlösungen respektive deren Anbieter gehören zweifelsohne zu den Gewinnern der Coronakrise. Das trifft auch auf den Schweizer Software-Hersteller Veeting zu, Anbieter der 2014 lancierten Lösung Veeting Rooms. In den letzten März- und April-Wochen musste Veeting die Kapazitäten verdreifachen und hat den Kundenstamm verfünffachen können, wie Fabian Bernhard, Gründer und CEO von
Veeting, im Gespräch mit «Swiss IT Reseller» erklärt.
Allerdings unterscheidet sich Veeting Rooms in einigen Punkten von den grossen, internationalen Mitbewerbern wie Zoom, Google Meet oder Cisco Webex, die Corona-bedingt ebenfalls enorm Auftrieb bekamen. Veeting Rooms ist ausschliesslich auf Geschäftskunden ausgerichtet, wobei nicht die Kommunikation per Video im Zentrum steht. Vielmehr definiert sich Veeting Rooms als Konferenzlösung, um geschäftliche Meetings im virtuellen Sitzungsraum abzuhalten. Dass Video nicht das zentrale Element ist, erkennt man allein schon am Layout von Veeting Rooms, wo der Video-Teil auf die rechte Seite verschoben wird, während Elemente wie Whiteboard oder Dokumente den grossen Teil des Bildschirm-Platzes einnehmen. Doch nicht nur funktional, sondern auch kommerziell gibt es Unterschiede. So gibt es keine werbefinanzierte Gratis-Version von Veeting Rooms, stattdessen werden Sitzungsräume vermietet, entweder im Abo für 39 Franken pro Monat oder pro Sitzung. Und nicht zuletzt ist die Lösung auch als White-Label-Version erhältlich, die über Partner vertrieben wird – und zwar international. Von den aktuell rund 30 Veeting-Vertriebspartnern sitzen nämlich nur deren drei in der Schweiz – eine Zahl, die das Unternehmen gerne erhöhen möchte, wie Fabian Bernhard erklärt.
Mindestens 25 Prozent Marge
Die vollständig anpassbare White-Label-Version, die man Partnern zur Verfügung stellt, unterscheidet sich bezüglich Funktionsumfang nicht von der Version, die
Veeting selbst anbietet. Auch bezüglich Business-Modell sind die Angebote der Partner und von Veeting selbst identisch – auch die Partner vermieten Sitzungsräume an ihre Endkunden, einfach unter eigenem Namen. «Dabei bezieht der Partner die Räume bei uns zum Einkaufspreis und kann dann den Preis für seine Endkunden selbst festlegen. Das Geschäft ist volumenbasiert. Je mehr Räume der Partner verkauft, desto günstiger kann er bei uns einkaufen.»
Peoplefone – einer der Schweizer Wiederverkäufer von Veeting – bietet unter dem Namen Peoplefone Meet das Monatsabo bereits für 29 Franken an. «Letztlich kann jeder Partner den Endkundenpreis selbst festlegen – abhängig auch von den Zusatzservices, die er anbietet. Je nach Endkundenpreis beträgt die Marge circa 25 Prozent. Mit entsprechend hohem Volumen kann sie auch 50 Prozent oder mehr erreichen.»
Partner mit einem eigenen Datacenter haben auch die Möglichkeit, «ihre» Version von Veeting Rooms auf den eigenen Servern zu betreiben. Ansonsten kann der Partner die Lösung als Service vom Hersteller beziehen, wobei Veeting verspricht, selbst alle Server in der Schweiz zu betreiben. Unabhängig vom Betriebsmodell erklärt der Veeting-CEO, dass abgesehen von den Setup-Aufwänden beim On-Premise-Betrieb keine initialen Investitionen vom Partner getätigt werden müssen. «Das Investment vom Partner muss lediglich im Marketing passieren – wobei wir hier mit Material Unterstützung leisten – und natürlich beim Aufbau von Know-how. Daneben verlangen wir ein gewisses Commitment vom Partner, er muss im Minimum 20 Räume verkaufen, wofür wir ihm im Sinne einer Ramp-up-Phase genügend Zeit einräumen.»
Partner mit vertikaler Spezialisierung gesucht
Als potenzielle Partner prädestiniert sind laut Fabian Bernhard unter anderem kleinere Telekomunternehmen, die ihr Angebot für Geschäftskunden durch Videokonferenzen abrunden wollen. «Aber auch für Integratoren, die sich auf eine vertikale Branche spezialisiert haben, ist unsere Lösung für den Wiederverkauf spannend», sagt Bernhard und nennt als Beispiel eines möglichen Partners einen IT-Integratoren, der vor allem Anwaltskanzleien betreut. «Solche Kanzleien haben nicht zuletzt aufgrund der aktuellen Situation ein riesiges Bedürfnis nach einer sicheren Konferenzlösung. Mit
Veeting Rooms als White-Label-Lösung kann der Partner Mehrwert bei seinen Kunden schaffen und zusätzliche Einnahmen generieren.» Doch damit nicht genug: «Es ist unseren Partnern auch möglich, dass sie Veeting Rooms nicht nur für sich selbst anpassen, sondern auch an ihre Endkunden als White Label weiterverkaufen.» Um beim Beispiel der Anwaltskanzlei zu bleiben, könnte der Integrator also für seinen Anwaltskunden Veetings Rooms einrichten, damit der Anwalt seinen Klienten eine Konferenzlösung unter dem eigenen Brand offerieren kann. «So ein Partner ist natürlich ideal für uns», sagt Bernhard.
Partnerstufen, wie man sie bei klassischen Produkten respektive Partnermodellen hat, kennt Veeting nicht, und es gibt auch kein Zertifizierungsprogramm, das durchlaufern werden müsste. «Aber natürlich haben auch wir Vereinbarungen mit Partnern, in denen unter anderem seine Pflichten definiert sind. So trägt zum Beispiel der Partner die Verantwortung für den First Level Support», erklärt Fabian Bernhard, während der Second- und Third-Level-Support bei Veeting liege. Und auch ohne Zertifizierungsanforderungen sorge man dafür, dass Qualitätsstandards sichergestellt werden. «Jeder neue Partner wird geschult, unter anderem darin, wie die White-Label-Lösung beim Endkunden eingerichtet wird», so der Veeting-Gründer.
Keine Angst vor Zoom und Co.
Last but not least kommt Fabian Bernhard noch darauf zu sprechen, wie man sich gegen die scheinbar übermächtige internationale Konkurrenz behaupten will. «Keiner der grossen Anbieter hat ein vergleichbares Produkt am Start, das als White-Label-Lösung verfügbar ist», so das erste Argument für
Veeting Rooms. Hinzu komme natürlich der Schweiz-Aspekt mit der lokalen Datenhaltung und der Sicherheit. Und nicht zuletzt hätten Partner bei Veeting die Möglichkeit, ihre Inputs einzubringen. «Das ist enorm wichtig, unser Produkt lebt vom Feedback der Partner, und wir hören sehr genau auf die Rückmeldungen des Marktes. Wenn ein Partner für die vertikale Branche, auf die er spezialisiert ist, eine spezifische Funktion braucht, dann versuchen wir, das nach Möglichkeit zu implementieren. Mit einem ICT-Riesen, der irgendwo auf der Welt sein Headquarter hat, dürfte das schwierig werden», ist Bernhard überzeugt.
(mw)