«Der Umzug nach Näfels war für uns ein Neustart»
Quelle: zVg

«Der Umzug nach Näfels war für uns ein Neustart»

Im Sommer 2020 hat Systeam Schweiz ein neues Logistikzentrum in Näfels bezogen, und im zweiten Halbjahr 2021 wurden Distributionsabkommen mit Acer und D-Link abgeschlossen. Fulvio Giglio, ­Schweizer Geschäftsführer des Distributors, erklärt im Interview, wohin die Reise noch gehen soll.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2021/12

     

«Swiss IT Reseller»: Im Logo von Systeam liest man nach wie vor den Claim «…der Drucker Distributor». Wäre es hier nicht an der Zeit, diesen Claim zu überarbeiten?
Fulvio Giglio:
Die Frage ist sicher berechtigt vor dem Hintergrund, dass wir uns aktuell breiter aufstellen. Dass wir unser Sortiment ergänzen, hängt mit der Erwartungshaltung unserer Kunden zusammen. Den ersten Schritt in diese Richtung haben wir vor Jahren vollzogen, als wir DMS-Produkte ins Sortiment aufgenommen haben. Nun gehen wir mit den neu geschlossenen Vertriebsabkommen mit Acer und D-Link, die beide nichts mit dem Druckergeschäft zu tun haben, weiter vorwärts. Unser Ziel ist es, unseren Partnern in Zukunft das komplette Lösungsportfolio für den Arbeitsplatz anbieten zu können. Aus diesem Grund sind wir auch auf der Suche nach weiteren Marken, die unser Sortiment ergänzen. Aber: Unser Hauptgeschäft ist nach wie vor das Geschäft rund um Drucker.


Wie gross ist denn der Anteil des Druckergeschäfts am Gesamtumsatz von Systeam in der Schweiz?
Der Druckeranteil macht rund 80 bis 85 Prozent unseres Umsatzes aus. Die Distribution von Druckern ist nach wie vor unser Kerngeschäft, und wir legen weiter grossen Fokus auf diesen Bereich.

Wie ist die Zusammenarbeit mit Acer, die Anfang September verkündet wurde, angelaufen?

Die Zusammenarbeit ist gut angelaufen, wobei sicherlich geholfen hat, dass Systeam in Deutschland schon seit über 20 Jahren eine Zusammenarbeit mit Acer pflegt. Was wir im Zusammenhang mit Acer – aber auch mit unseren anderen Herstellern – stark zu spüren bekommen, ist die schwierige Lage rund um die Verfügbarkeit. Wir arbeiten mit Acer daran, die Verfügbarkeit zu verbessern, gleichzeitig ist uns bewusst, dass wir als neuer Partner nicht erwarten können, dass Acer uns den langjährigen Partnern gegenüber bevorzugt behandelt. Entsprechend wird es noch einige Zeit dauern, bis das Geschäft mit Acer richtig angelaufen ist. Das Interesse unserer Händler an Produkten von Acer ist aber auf jeden Fall da und gross.

Wie ist es zur Partnerschaft mit D-Link gekommen, die Ende Oktober verkündet wurde?
Auch diese Partnerschaft basiert auf einer Zusammenarbeit, die Systeam mit D-Link in Deutschland pflegt. Systeam Deutschland ist für viele Marken ein Türöffner für uns in der Schweiz. Das Geschäft mit Netzwerklösungen ist für uns ein neues Gebiet, in dem wir noch nicht ganz zuhause sind. Doch wir wurden in jüngerer Vergangenheit vermehrt mit Händleranfragen diesbezüglich konfrontiert, weshalb wir uns entschieden haben, entsprechende Produkte ins Sortiment mit aufzunehmen. Und D-Link bietet uns viel Unterstützung, um auch in diesem Geschäft heimisch zu werden.

Sie haben gesagt, Ihr Ziel sei es, das komplette Lösungsportfolio für den Arbeitsplatz anbieten zu können. Entsprechen Sie damit dem Bedürfnis Ihrer Händler?
Auf jeden Fall. Einerseits erreichen uns zunehmend auch grössere Projektanfragen, in denen verlangt wird, dass wir das Gesamtsortiment anbieten. Andererseits streben die Händler natürlich auch an, alles aus einer Hand beziehen zu können.


Ist die Diversifizierung beim Sortiment auch eine Notwendigkeit, die durch die Pandemiesituation bedingt ist? Ich stelle mir vor, dass das Druckergeschäft stark unter der Corona­situation gelitten hat, da niemand mehr in die Büros ging.
Jein. Ich darf sagen, dass wir recht gut durch die Pandemie gekommen sind, auch wenn wir das Gros unseres Umsatzes mit Druckern und Druckerzubehör machen. Dank unseres breiten Druckersortiments, auch was Marken angeht, konnten wir dort einspringen, wo unsere Mitbewerber vielleicht gewisse Lücken haben. Gerade die Etailer, die in der Pandemie all die Home Offices im Land ausgestattet haben, haben im grossen Stil bei uns eingekauft. Entsprechend stark war das Consumer-Business. Aber natürlich haben wir bei den IT-Dienstleistern gespürt, dass Projekte zurückgestellt wurden. Jetzt gegen Ende Jahr spüren wir aber auch hier wieder eine deutlich gestiegene Nachfrage.
Geht die Erweiterung des Sortiments zu Lasten des Druckergeschäfts – wird das Druckergeschäft bei System also kleiner? Oder kommen die neuen Produkte quasi obendrauf?
Der Druckermarkt ist schon seit Jahren rückläufig und dieser Trend wird sich auch fortsetzen. Dennoch gehe ich davon aus, dass wir weiterhin im Druckbereich wachsen. Über kurz oder lang werden wir hier immer mehr von den Mitbewerbern erben, die sich ganz aus dem Druckergeschäft zurückziehen oder das Druckergeschäft einfach vernachlässigen. Diese Situation haben wir zum Beispiel rund um Oki erlebt. Bei Oki haben wir den Hardware-Vertrag inzwischen exklusiv in der Schweiz, weil unser Mitbewerber sein Portfolio gestrafft hat. Unser Ziel rund um die Druckerdistribution war und bleibt, eine Plattform für unsere Händler zu bieten und die erste Adresse im Land zu sein, wenn es um das Thema Drucker geht.

Wäre die Ausweitung des Sortiments vor dem Umzug an den neuen Standort in Näfels Mitte 2020 möglich ­gewesen?
Nein, an unserem alten Standort wäre es unmöglich gewesen, auch nur einen Hersteller mehr ins Sortiment zu nehmen. Wir sind aus allen Nähten geplatzt.


Wie stark ist das neue Logistikzen­trum bereits ausgelastet?
Aktuell sind knapp 50 Prozent der rund 7000 Quadratmeter Lagerfläche belegt. Es gibt also noch viel Potenzial, zudem haben wir noch eine Erweiterungsmöglichkeit, können also kurzfristig eine weitere Halle mit rund 5000 Quadratmetern Fläche bauen.

Welche Wachstumsziele gehen nun mit dem neuen Standort einher?

Der Umzug nach Näfels war für uns quasi ein Neustart, mit dem auch eine Reorganisation und eine Neuauf­stellung einherging. Sicherlich wollen wir wachsen, doch mit der Nennung von konkreten Zielen bin ich vorsichtig, auch weil der Markt angesichts der Covid-Situation nach wie vor volatil ist. Sicher ist, dass wir unsere Kundenbasis ausbauen wollen und dazu unsere Verkaufsmannschaft aufstocken werden. Wichtig ist mir, dass das Wachstum gesund ist – das war auch in Vergangenheit schon immer so. Auf einen Zeithorizont von zehn, 15 Jahren hinaus gesehen wird es möglich sein, dass wir unseren derzeitigen Umsatz von knapp 24 Millionen Franken in etwa verdreifachen. Doch Prognosen über so einen langen Zeitraum hinaus zu machen ist enorm schwierig.

Finden aktuell Gespräche mit zusätzlichen Herstellern statt?
Ja, wir führen Gespräche. Das gilt insbesondere für unsere Einkaufsorganisation in Deutschland, die jeweils sämtliche Länder, in denen Systeam tätig ist, involviert. Gleichzeitig analysieren wir derzeit, welche Hersteller für uns spannend wären, die durch die Übernahme von Despec Nordic ins Portfolio gekommen sind – Systeam hat diesen Supplies-Distributor 2019 gekauft.

Welche Produktkategorien sollen denn dazukommen?

Mit dem Thema Computing und Netzwerk haben wir erst mit sehr grossen Kategorien begonnen. Wir werden uns jetzt auf diese konzentrieren und weiter ausbauen.

In Deutschland arbeitet Systeam auch mit HP zusammen. Wie weit reicht diese Zusammenarbeit, und welche Pläne bezüglich HP verfolgt man in der Schweiz?

In Deutschland vertreibt Systeam das ganze HP-Portfolio, wir in der Schweiz beschränken uns aktuell auf das ­Supplies-Geschäft, wo wir als offizieller HP-Distributor agieren, was bedeutet, dass unsere Händler mit dem ­Hersteller abrechnen können und von den entsprechenden Boni profitieren. Am ­Geschäft mit Drucker-Hardware arbeiten wir, hier sind wir allerdings von Entscheiden seitens HP abhängig.

Wenn ich wissen möchte, was Systeam in der Schweiz künftig verkauft: Kann ich dann einfach das aktuelle Portfolio von Systeam in Deutschland anschauen?

Ganz so einfach ist es nicht. Die Schweiz ist ein anderer Markt, und Systeam ist in der Schweiz viel kleiner als in Deutschland. Fakt ist, dass wir die Produkte, die Systeam in Deutschland im Portfolio führt, quasi auf Knopfdruck bei uns abbilden können, sofern sie mit denselben Spezifikationen bei uns verkauft werden. Wichtig ist uns aber, fokussiert und dediziert zu bleiben und nicht auf Teufel komm raus möglichst viele Produkte im Portfolio zu haben.

Sowohl Acer als auch D-Link erklärten angesichts der Partnerschaft mit Systeam Schweiz, dass die Gewinnung neuer Partner mit Hilfe von Systeam im Fokus stehe. Unterhält Systeam denn Partnerschaften mit Resellern, die sonst mit keinem anderen Disti zusammenarbeiten?
Es mag sein, dass es einzelne solche Kunden gibt, vor allem im grafischen Umfeld. Ich denke aber, die beiden Hersteller haben damit in erster Linie unsere Kundennähe angesprochen. Unsere Kundenbeziehung ist vermutlich enger als bei vielen unserer Mitbewerber. Es gibt kaum einen Systeam-Kunden, mit dem wir nicht per Du sind, und jeder Händler hat meine Natel-Nummer. Wir sehen unsere Rolle nicht nur einfach als Lieferant, sondern pflegen ein freundschaftliches Verhältnis mit unseren Partnern.

Sehen Sie in der Nähe zum Kunden auch die grosse Stärke von Systeam?
Die Kundennähe ist mit Sicherheit einer der grossen Stärken von uns. Die zweite grosse Stärke ist unsere Flexibilität, welche durch unsere Grösse realisierbar ist. Andere Distributoren haben eine solche Flexibilität nicht – oder nicht mehr, weil sie zu gross geworden sind.


Handkehrum hegen auch Sie Wachstumspläne, bauen das Sortiment aus. Keine Angst, dass ebendiese Flexibilität dadurch verloren geht?
Natürlich müssen wir hier grosses ­Augenmerk darauf legen und ge­gebenenfalls mehr Personal einstellen. Denn wir wollen die Flexibilität, die uns auszeichnet, unter allen ­Umständen beibehalten – das ist mein persönliches Versprechen an den ­Handel.

Zum Unternehmen

Systeam ist als Distributor mit Fokus auf das Druckergeschäft in insgesamt acht Ländern tätig – dem DACH-Raum und seit der Übernahme von Despec Nordic 2019 auch in Skandinavien. Die Schweizer Niederlassung von Systeam existiert als eigenständige Tochtergesellschaft seit 2004. Im Sommer letzten Jahres hat Systeam Schweiz ein neues Logistikzentrum (Bild) mit 7000 Quadratmetern in Näfels (GL) bezogen. Das Unternehmen beschäftigt in der Schweiz acht Mitarbeitende. Dazu kommen nochmals fünf Mitarbeitende in Deutschland, die für Systeam Schweiz tätig sind. In diesem Jahr wird Systeam hierzulande rund 23 bis 24 Millionen Franken Umsatz generieren, der Konzern rund 600 Millionen. Im Sommer 2021 konnte Systeam verkünden, klimaneutral zu sein. Erreicht wurde dies unter anderem dadurch, dass Einwegpaletten in Eigenregie zu Hackschnitzeln verarbeitet werden, um damit zu heizen. (mw)


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