Begonnen hat die Geschichte von
Advellence vor nunmehr zehn Jahren an der Flughofstrasse in Glattbrugg. Zusammen mit seinem langjährigen Weggefährten Markus Schönenberger gründete Patrick Senser im Alter von 29 Jahren das IT-Beratungsunternehmen SBS Group. Der Anfang des SAP-Spezialisten war abenteuerlich - die IT-Branche steuerte gerade auf den Internet-Hype zu - und das erste Büro alles andere als luxuriös. «Ich will es jetzt nicht gerade als Loch bezeichnen», erinnert sich Senser, «aber es befand sich im Erdgeschoss, war sehr dunkel und lag fast genau in der Flugschneise der Startpiste 34 des Zürcher Flughafens. Wenn dann in regelmässigen Abständen die Jumbos über das Haus donnerten, musste man das Telefongespräch jeweils kurz unterbrechen.»
Trotz Hype am Boden geblieben
«Die Hauptsache war, dass wir etwas gefunden haben», so Senser. Der erste Stützpunkt passte perfekt in die damalige Zeit: Er verkörperte den «Groove» des Neuen Marktes mit seiner Garagenfirmen-Mentalität. Im Gegensatz zu vielen anderen Jungunternehmern hatten Schönenberger und Senser aber nicht das schnelle Geld, sondern den Aufbau einer seriösen Firma mit einem guten Fundament im Visier. Das zeigte sich auch in der Wahl des Logos: «Zuerst haben wir uns überlegt, etwas Peppiges zu machen, in diesem New-Economy-Stil eben.» Entschieden hat man sich allerdings für ein einfaches und zeitloses Markenzeichen. «Etwas Starkes und Stabiles», wie Senser sagt: «Etwas, das einen langen Wert vermittelt.»
Bahn- statt Fluglärm
Heute, nach zehn Jahren, hat das Unternehmen neben einem neuen Namen mit zeitgemässem neuen Logo abgeleitet aus dem Firmenmotto «the Advantage of Excellence» rund 60 Angestellte und dem neuen Status entsprechende Büroräumlichkeiten in Wallisellen und Bern. Der zwar noch immer etwas lärmige Nachbar heisst nicht mehr Flughafen sondern Eisenbahn, die Räume sind hell und freundlich; in den obersten beiden Stockwerken eines modernen Geschäftshauses gelegen. Was hat sich sonst noch geändert? «Das Geschäft ist hektisch wie eh und je», sucht Senser nach Unterschieden. Allerdings seien die Projekte kurzfristiger geworden und weniger planbar als noch vor ein paar Jahren. «Heute sagt man ‚a‘ und morgen ‚ab‘», bringt er die Situation auf den Punkt. Die Projektverantwortlichen müssen eher Rechenschaft ablegen als früher, die Kostenkontrolle wurde rigider und die Vergabe von Aufträgen werde oft auf den letzten Moment hinausgeschoben.
Dank treuen Kunden durch die Krise
Trotzdem kann
Advellence auf die Treue seiner Kunden zählen. Manche, wie beispielsweise die CSS Versicherungen oder ABB stehen von Anfang an auf dem Referenzblatt der Walliseller. Sie folgten dem studierten Wirtschaftsinformatiker Senser von dessen früheren Arbeitgeber Bauer & Partner in seine neue Firma. «Die Treue unserer Kunden hat uns auch durch die Krise im Jahr 2001 getragen», sagt er. Keine einfache Zeit für ein so junges Unternehmen. Schlaflose Nächte habe ihm das allerdings keine bereitet: «Ich kann gut abschalten, wenn ich zu Hause bin», sagt Senser.
Mittlerweile ist nicht nur die wirtschaftliche Situation eine andere, auch die Chefs haben sich weiterentwickelt. Er habe sich zu Beginn extrem mit der Firma identifiziert und Fehlschläge dementsprechend persönlich genommen, so Senser. Heute geht er die Sache differenzierter an, analysiert die Gründe einer Niederlage bevor er korrigierend eingreift. «Am Anfang dachte ich, dass man als Chef keine Fehler machen darf. Heute weiss ich es besser. Man muss die Mitarbeiter einbinden, ihnen zuhören und Kritik aufnehmen.»
Keine Zeit mehr für Hobbys
Mit der Aufspaltung des Unternehmens in eine Consulting-, eine Products- und eine Solutions-Sparte wurde das Management-Team grösser und die beiden Chefs auch etwas entlastet. Heute könne er problemlos in die Ferien fahren ohne dauernd im Geschäft anrufen zu müssen. «Wenn Sie das schreiben, fragt meine Lebensgefährtin sofort, wann es endlich losgeht», scherzt der begeisterte Wassersportler. Er liebt den Segel- und Tauchsport. Einmal hat er sogar bei einer Regatta in der Karibik den zweiten Platz belegt. Doch für seine Hobbys bleibt dem ehemaligen Handballer und Mountainbiker im Moment ohnehin keine Zeit: Seit der Geburt seiner Tochter Simona zu Jahresbeginn haben sich die Prioritäten in seinem Leben komplett verschoben. Im Gegensatz zum Geschäft sorgt sie des Öfteren für schlaflose Nächte. Beim Gedanken an sie kann er sich ein Lächeln nicht verkneifen: «Im Moment gibt es ausser ihr nicht mehr viel.» Jetzt heisst es, die Arbeit besser zu planen und zu priorisieren. «Da muss man sich an der Nase nehmen und konsequent sein, sich Zeit nehmen für die Familie, die Freunde oder den Sport.»
Neben der Familie und der Arbeit nimmt sein Freundeskreis einen zentralen Platz in Patrick Sensers Leben ein. Viele kennt er schon seit seiner Jugend, einige sind etwas später dazu gestossen. Wenn er sich mit ihnen trifft, kann er die Arbeit hinter sich lassen. Bei ihnen gehe es nicht darum, wer man beruflich sei. Selbstständige gehören genauso dazu wie Angestellte, Banker wie Schreiner, Elektriker oder Drucker. «Dabei geht es um andere Werte», sagt Senser lachend, «Fussball oder so.»
Patrick Senser
Patrick Senser ist 1968 in Zürich zur Welt gekommen und auch dort aufgewachsen. Nach einer Lehre als Radio- und Fernsehelektriker studierte er Wirtschaftinformatik und begann seine Karriere 1991 bei der Migros, wo er zum ersten Mal mit
SAP in Berührung kam.
Später wurde er Geschäftsführer beim Schweizer Beratungsunternehmen Bauer & Partner, das damals zu einer deutschen Firma gehörte. Im Zuge dieser Arbeit betreute er mehrere SAP-Projekte im In- und Ausland. Sein Geschäftspartner Markus Schönenberger war sowohl bei der Migros als auch bei Bauer mit von der Partie.
Sensers Bruder, ein Rechtsanwalt, sitzt seit der Gründung von
Advellence im Verwaltungsrat und unterstützt die Firma als Rechtsbeistand. Auch sein Vater stand ihm beim Aufbau des Geschäftes zur Seite. In verschiedenen leitenden Funktionen bei einem Grossunternehmen konnte dieser ihm insbesondere in Sachen Personalführung wichtige Tipps geben. (Markus Gross)