Der deutsch-amerikanische Computerpionier Joseph Weizenbaum ist gestern im Alter von 85 Jahren an seinem Wohnort Berlin gestorben. Weizenbaum, dessen Eltern in den dreissiger Jahren in die USA emigrierten, studierte an der State University in Detroit Mathematik und arbeitete ab 1955 als Systemingenieur im Computer-Entwicklungslabor von General Electric an der Entwicklung eines Computersystems für Banken.
Weizenbaum entwickelte 1966 das Computerprogramm "Eliza", dessen "Doctor"-Version Gespräche zwischen Patienten und Psychologen simulierte. Obwohl das Programm nicht als Ersatz für das Therapiegespräch gedacht war, vertrauten die Probanden dem Computer private Einzelheiten an.
Diese Tatsache entsetzte Weizenbaum so sehr, dass er zu einem der wichtigsten und bekanntesten Wissenschafts- und Gesellschaftskritiker wurde. Sein Buch "Die Macht der Computer und die Ohnmacht der Vernunft" machte ihn 1976 weltberühmt.
Weizenbaum trat selbst im hohen Alter als Referent und Diskussionsteilnehmer auf. Seine energische Art und seine unermüdliche, schonungslose Kritik am gedankenlosen Umgang der Menschen mit neuen Medien war ebenso beliebt wie gefürchtet. Noch im letzten Jahr zum Beispiel eröffnete er an die Digital Art Weeks an der ETH Zürich (Bild) und nahm am diesjährigen Weltwirtschaftsforum Davos an Diskussionen teil. (mh)