«Seit dem 1. Oktober 2000 sind wir nicht mehr Teil von Alcatel Schweiz sondern ein «Alcatel-owned VAR.» So beschreibt Walter Zemp, der Leiter der Alcatel E-Business Distribution AG (Alcatel EBD) die neue rechtliche Situation «seiner» Firma.
Die Herauslösung des Netzwerk-Integrations-Teils aus dem Alcatel-Konzern hat gemäss Zemp gewaltige Vorteile. So kann EBD heute die Lieferanten und Partner frei wählen und sich ein Portfolio gemäss den Marktbedürfnissen zusammenstellen.
Walter Zemp ist wahrlich kein neuer Hase im helvetischen Netzwerk- und Systemintegrations-Business. «Ich bin seit dreissig Jahren in der Firma. In dieser Zeit hat sie sich fünfmal gewandelt», so die Kurzfassung seiner Erfahrungen.
Von MDS zu Alcatel EBD
Alcatel EBD entstand aus der ehemaligen MDS Systems AG, der Schweizer Niederlassung eines amerikanischen Datenerfassungs-Spezialisten. 1985 löste man sich mit einem MBO vom amerikanischen Konzern. Unter anderem war MDS auch Distributor von Alcatel. Der nächste Schritt war die Übernahme von MDS im Jahre 1994 durch Alcatel, die so zu einem System- und Lösungsintegrator für Enterprisekunden kam.
Seit 1995 versucht sich der französische Riesenkonzern wieder vermehrt auf Kernkompetenzen und damit auf Telekommunikation zu konzentrieren. Die ehemalige MDS segelte nach 96 deshalb unter dem Namen Alcatel Business Systems als weltweiter Systemintegrations-Arm des Konzerns.
Dies führte aber zu den bekannten Channel-Konflikten. Einerseits sahen sich Alcatel-Partner durch eine Alcatel-Abteilung konkurrenziert, andererseits musste Alcatel Business Systems in der Wahl der bevorzugten Lieferanten auf den Pariser Konzern Rücksicht nehmen. Zudem wurde die Alcatel-Abteilung auch von Lieferanten wie
Cisco oder
Nortel als potentielle Konkurrent beargwöhnt.
Dieses Problem wurde jedoch im Herbst 2000 mit der Abspaltung von Alcatel EBD gelöst. Alcatel ist zwar noch der Alleinaktionär von EBD, aber im täglichen Geschäft operiert man wie ein herstellerunabhängiger, multinationaler Solutionsintegrator, so Zemp.
Sprache, Daten, Cluster, Storage ...
Alcatel EBD versteht sich als Solutionsintegrator und Infrastruktur-Lieferant. Die Firma gliedert sich heute in drei Abteilungen: Corporate Integrated Networks (Sprach-, Daten-Netzwerke), Corporate Services (Planung, Design, Implementierung, Unterhalt, Betrieb) und Corporate Solutions (Informationsmanagement).
Lieferanten und Partner in den unterschiedlichen Geschäftsbereichen sind neben Alcatel auch
Cisco, Checkpoint,
Microsoft, Compaq,
Nortel,
Citrix und RSA. Die Company verfügt neben einem Testlabor in Zürich-Kloten auch über ein grosses Logistik-Center in Rümlang, wo auch konfiguriert wird.
Ende 2000 waren gemäss Zemp 231 Personen auf der Lohnliste von EBD, Ende dieses Jahr sollen es dann deren 270 sein.
Über Margen, VoiP und Consulter
Walter Zemp (Bild) ist ein interessanter Gesprächspartner. Kein Wunder, denn sein Job als Leiter von Alcatel EBD besteht zu einem grossen Teil daraus, den Markt zu beobachten und sich abzeichnende Trends und Chancen zu erkennen. Genau gleich wie ein PC-Händler um die Ecke, leidet auch der grosse Integrator unter schrumpfenden Margen. Zemp: «Wir beobachten eine Margenerosion ähnlich wie im PC-Geschäft, nur zeitverschoben. Das ist aber nicht so schlimm wie es tönt, denn es kommen auch immer wieder neue Technologien mit anfänglich hohen Margen auf den Markt.
Aber klar streben wir nach Dienstleistungen mit höherer Wertschöpfung. Der Unterscheidungsfaktor für den Kunden liegt bei der Integration von Applikationen und Services.»
VoiP (Voice over IP) ist gemäss Zemp noch nicht das grosse Geschäft. Im Schweizer Markt werden etwa 330’000 Sprach-Ports pro Jahr abgesetzt, 2001 sollen nur 10’000 davon über IP laufen. Zemp: «Mit Sprach- und Datentransport wird man in Zukunft nicht mehr viel Geld verdienen können, also streben auch die Carriers nach Dienstleistungen auf dem IP-Netz.
In den nächsten Jahren werden deshalb auch die Carrier Sprachvermittlung als Service selbst anbieten. Dies könnte zum Beispiel der Ersatz der traditionellen PBX durch Dienstleistungen der Carriers sein.»
Consultants sind wichtig im Grosskunden-Geschäft, so Zemp. Fast bei jedem Projekt sei ein Consultant dabei, der oft die Ausschreibung macht. Ergo strebt EBD zwar danach, in der Wertschöpfungskette nach oben zu steigen, zielt aber nicht auf das Geschäft der «Business Consultants». Vermehrt will man mit Engineering und Design, Lösungs-Integration und dem Betrieb und Wartung von Netzwerklösungen Geld verdienen. (hc)