«Wenn Migros einen schlechten Job macht, schadet das uns.»

Der dies sagt, ist Christian Wanner, CEO von Leshop.ch. Wie Leshop die Kapitalerhöhung der Bon Appétit Group nutzen will und wie der Ausbau im Ausland vorangeht, erzählt Wanner im Gespräch mit IT Reseller.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2001/05

     

Die bereits angekündigte Kapitalerhöhung beim ersten Schweizer Online-Lebensmittelhändler Leshop.ch ist definitiv. Die Bon Appétit Group, seit 1999 mit 30 Prozent an Leshop betetiligt, erhöht ihren Anteil auf 54 Prozent am Schweizer Geschäft. Die Beteiligung beinhaltet auch das Recht, international Lizenzen zu vergeben.
Mit der Kapitalerhöhung will sich Leshop die finanziellen Mittel für den Ausbau in der Schweiz sichern. Durch vertiefte Zusammenarbeit mit der Bon Appétit Gruppe sollen Synergien im Lebensmittelhandel und in der Logistik besser genutzt werden. Leshop hat laut Angaben in der Schweiz mittlerweile 14’000 Kunden, 60 Prozent sind Frauen. Die Bon Appétit Group erwirtschaftete im letzten Jahr mit ihren 6800 Angestellten einen Umsatz von 3,322 Mrd. Franken.

Buenos dias, Argentina

Der gelernte Volkswirt Christan Wanner war bis November letzten Jahres Marketing Manager von Leshop und zeichnet jetzt als CEO verantwortlich. Wanner, eigentlich Deutschschweizer, ist in Argentinien geboren und aufgewachsen. Dies habe aber nichts mit der Expansion des ersten Schweizer Online-Grocers nach Argentinien zu tun.
«In Argentinien finden wir ganz einfach eine sehr interessante Konfiguration. Buenos Aires hat sieben Millionen Einwohner, also etwa gleich viel wie die Schweiz. Ca. 5 bis 10% der Haushalte haben die richtigen Charakteristika für Online-Shopping: hohes Einkommen, viel Arbeit, dadurch keine Zeit zum Einkaufen und Zugang zum Internet», so Wanner. Die meisten der in Frage kommenden Leute wohnen im selben Stadteil, dem Barrio Norte, so Wanner.
Deshalb hat sich Leshop Latin America angrenzend ans Barrio Norte ein Lagerhaus gebaut und gleich ein eigenes Logistikunternehmen aufgebaut. Leshop beschäftigt in Buenos Aires mittlerweile 50 Leute, an der Niederlassung ist die Bon Appétit Group nicht beteiligt, sondern Alain Nicod, Gründer von Leshop und Morgan Greenfell halten 20%, der Rest gehört Investoren aus Südamerika und Spanien.
Interessant: Die durchschnittliche Online-Bestellung in Argentinien liegt über 100 Dollar und ist damit höher als in der Schweiz, wo durchschnittlich für 150 Franken bestellt wird. Wenn in Argentinien alles nach Plan läuft, wollen die Schweizer auch in Mexico, Bogota und Brasilien (Sao Paulo) Fuss fassen.

Germany, twelve points

Leshop unterhält auch seit Oktober 2000 in Deutschland eine Niederlassung und bedient mit 30 Leuten den Raum Köln/Düsseldorf. Die deutsche Niederlassung ist in den Händen aller Investoren ausser der Bon Appétit Group und entwickelt sich viel schneller als in der Schweiz. Dazu Wanner: «Wir konnten in Deutschland viel von den Erfahrungen, die wir in der Schweiz gemacht haben, profitieren.
Das Volumen ist jetzt bereits so gross wie in der Schweiz nach eineinhalb Jahren!» Leshop hat in Deutschland den gewichtigen Vorteil, dass der Lebensmittel-Retail sehr passiv ist.
In Frankreich und Spanien hält Leshop Franchising-Verträge mit Auchant, einer der grössten Lebensmittelketten Frankreichs. Hier stellt Leshop «nur» die Technologie zur Verfügung.

Zuerst den Kuchen backen, dann darum streiten

Die Kapitalerhöhung der Bon Appétit Group von acht Millionen Franken will Wanner nur für den Ausbau in der Schweiz nutzen: «Wir konnten den monatlichen Umsatz seit Dezember 2000 verdoppeln, d.h. wir werden im März doppelt soviel verkaufen wie im Dezember. Dazu brauchen wir mehr Lagerkapazität und Personal.»
Hat Wanner keine Angst vor Migros oder Coop, dessen Einstieg in den Online-Handel für Mai dieses Jahres geplant ist? «Nein», hält Wanner pragmatisch entgegen, «zur Zeit ist das Hauptziel aller Player, Marktanteile überhaupt aufzubauen. Jetzt müssen alle – Migros, Coop und Leshop – die Kunden überzeugen, dass der Online-Einkauf von Lebensmitteln klappt, eine gute Lösung ist und sich lohnt. Wenn Migros also einen schlechten Job macht, so schadet das uns. Um Marktanteile werden wir uns mit Migros und Coop in drei bis fünf Jahren streiten. Zuerst müssen wir den Kuchen gross machen, bevor wir ihn aufteilen können.» (mh)


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