Hervorstechen dank Zertifizierungen
Quelle: Abo-Storage Distribution

Hervorstechen dank Zertifizierungen

IT-Dienstleister, die sich von ihren Mitbewerbern abheben wollen, können dies durch die Erreichung von Zertifizierungen der von ihnen vertriebenen Hersteller tun. «Swiss IT Reseller» hat nachgefragt, welche Bedeutungen die Reseller und Distributoren den Zertifizierungen beimessen und wie gross der finanzielle und zeitliche Aufwand ist, um diese zu erhalten.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2012/06

     

Sind Unternehmen auf der Suche nach einem Dienstleister, sind die Zertifizierungen, die diesen als Spezialisten ausweisen, ein wichtiges Kriterium dafür, ob die Entscheidung zugunsten oder gegen den Dienstleister ausfällt. Daher sollten Reseller und Distributoren bei der Zertifizierung ihrer Mitarbeiter nicht sparen, auch wenn der Zertifizierungsprozess für sie sowohl einen zeitlichen als auch einen finanziellen Aufwand bedeutet.
So werden etwa bei Abo-Storage Distribution, das 30 Angestellte beschäftigt, pro Mitarbeiter rund 2,5 Tage pro Jahr für Zertifizierungen aufgewendet. Dabei fallen pro Mitarbeiter etwa 2500 Franken an Kosten an. Zudem investiert der Glattbrugger Distributor pro Jahr zehn Tage pro Angestellten und insgesamt 200'000 bis 250'000 Franken in die Schulung seiner Mitarbeiter.
Beim in Brüttisellen ansässigen Reseller Ontrex, der 48 Mitarbeiter beschäftigt, werden pro Angestellter im technischen Bereich jährlich 15 bis 20 Tage für Schulungen und Zertifizierungsvorbereitungen sowie zwei Tage für Zertifizierungsprüfungen aufgebracht. Im kaufmännischen Bereich belaufen sich die Investitionen alles in allem auf fünf bis zehn Tage pro Mitarbeiter und Jahr. Diese Kurzzertifizierungsprüfungen passieren im Web, dauern jeweils zirka 20 Minuten und sind kostenlos. Für Examen im Zertifizierungsinstitut fallen derweil 50 bis 250 Franken Teilnahmegebühren an.
Genaue Angaben zu den Kosten der Zertifizierungen macht man bei Infinigate und Itelligence derweil keine. Der 20 Mitarbeiter starke, in Rotkreuz ansässige Distributor Infinigate gibt lediglich zu Protokoll, dass man je nach Abteilung bis zu zehn Tage pro Mitarbeiter und Jahr für Zertifizierungen aufwendet. Und von Seiten des IT-Dienstleisters Itelligence, der hierzulande 110 Angestellte beschäftigt, heisst es, dass man «massiv in die Ausbildung und Zertifizierung der Mitarbeiter investiert».

Verbesserungen beim Zertifizierungsprozess

Ontrex tritt als Partner der Hersteller Symantec, Helpline und Nexthink auf, mit welchen das Unternehmen bezüglich der Zertifizierungen eng zusammenarbeitet. Bei Symantec habe man in allen Geschäftsfeldern die jeweils höchstmögliche Zertifizierung als Master Specialist Partner erworben. «Dazu mussten mehrere Personen je eine mündliche Prüfung vor Symantec-Mitarbeitern und zusätzlich einen beziehungsweise mehrere schriftliche Tests in einem Prüfungsinstitut ablegen», erklärt Heiko Sawade, Leiter des Ontrex-Schulungszentrums Ontrex Academy. Die Lokation des Prüfungsinstituts könne dabei aus mehreren hundert möglichen Standorten frei gewählt werden und die Prüfungen seien weltweit identisch und standardisiert. «Dieser Prozess ist ziemlich gut durchdacht und funktioniert so auch reibungsfrei», lobt Sawade.

Winzige Kritikpunkte

Trotz der grossen Zufriedenheit mit dem Zertifizierungsprozess bei Symantec hat Sawade einige Kritikpunkte. So laufe die Trennung der einzelnen Zertifizierungsbereiche nicht immer entlang der Grenzen, die im täglichen Leben mit den Kunden existieren: «Hier gibt es noch Doppelspurigkeiten.» Dies sei aber kein wirkliches Problem, da man auch mehrere Zertifizierungen parallel ablegen könne und die Ontrex-Mitarbeiter vom Wissen her breit aufgestellt seien. Weiter kritisiert Sawade, dass die Grace Periode, die Symantec für den Fall gewährt, dass Zertifizierungen nicht mehr auf dem aktuellen Stand sind, in Einzelfällen gerne etwas länger ausfallen dürfte. Denn es sei manchmal schwierig, Mitarbeiter kurzfristig aus Projekten zu lösen, damit diese die Re-Zertifizierung bei Versionswechseln durchführen können. Und schliesslich wäre es wünschenswert, wenn die schriftlichen Prüfungen wahlweise auch in anderen Sprachen als Englisch abgelegt werden könnten, so Sawade.

Beim Hersteller Helpline fungiert Ontrex als Master Reseller derweil als Ländervertretung für die Schweiz, Liechtenstein und Italien und nimmt Zertifizierungen anderer Partner selbst ab. «Hierbei kommt eine Mischung aus Schulungskursen, On-the-Job-Training und Wissensfragen zum Tragen», führt Sawade aus. Helpline setze im Gegenzug für Ontrex auf ein ähnliches Verfahren. Nexthink biete derweil die Möglichkeit der Teilnahme an einem Training mit Abschlussprüfung sowie Trainings on the Job. «Auch dies ist, gerade für eine kleinere Firma mit einer noch überschaubaren Partnerlandschaft, eine in unseren Augen gute Methode der Ausbildung der Partner», so Sawade.
Auch bei Infinigate und Itelligence ist man zufrieden mit dem Zertifizierungsvorgehen der Unternehmen. «Grundsätzlich haben die meisten Hersteller gut durchdachte Zertifizierungsprozesse mit hilfreichen Kursunterlagen», betont Michael Dudli, Teamleader Techservices bei Infinigate. Als Value Added Distributor und Authorized Training Center führe man diese Zertifizierungstrainings selber durch und könne so auch auf spezielle Anforderungen eingehen, so Dudli weiter. Und Claude Flükiger, Geschäftsführer von Itelligence Schweiz, gibt zu Protokoll: «Das Schulungs- und Zertifizierungsangebot von SAP ist professionell organisiert und entspricht unseren Bedürfnissen.»
Bei Abo-Storage äussert man derweil den Kritikpunkt, dass die Hersteller ihre Prozesse und Re-Zertifizierungen besser strukturieren könnten, wie Service Manager Monika Schneider erklärt. Des weiteren wünscht man sich bei Abo-Storage von Seiten der Hersteller mehr Praxis-Elemente als Hilfe beim Zertifizierungsprozess, führt Schneider weiter aus. Bei Ontrex ist man derweil mit der Zertifizierungsunterstützung seitens der Hersteller zufrieden. Es gebe keine offenen Wünsche, was die Hilfe zur Erlangung von Zertifizierungen betreffe. Aber: «Marketingseitig könnte die herausragende Stellung der zertifizierten Partner gegenüber «normalen» Partnern stärker vom Hersteller beworben werden, um so eine grössere Marktresonanz auf die Zertifizierungen zu erhalten», so Sawade.

Übersicht über Zertifizierungen

Die Übersicht über anstehende und bald auslaufende Zertifizierungen zu behalten, ist für Partner nicht einfach. Ontrex erhält dabei von Symantec Unterstützung in Form eines Webtools, welches die einzelnen Zertifizierungen und deren Ablaufdatum trackt. «Zudem erhält der einzelne Mitarbeiter ein automatisches E-Mail, einige Wochen bevor eine Zertifizierung abläuft», ergänzt Sawade. Und schliesslich biete der Partner-Manager von Symantec Schweiz eine persönliche Betreuung, «so dass im Grunde genommen Symantec Schweiz dieses Tracking als besonderen Service für uns mit übernimmt». Und auch bei Nexthink und Helpline übernehme der Partnerbetreuer die Kontrolle über die Zertifizierungen.
Auf einen Entwicklungsplan für jeden Mitarbeiter, der im Rahmen des Jahresgesprächs erarbeitet wird, setzt derweil Itelligence. «Die Übersicht ist somit jederzeit gegeben», so Flükiger. Er betont aber auch, dass jeder Angestellte aufgefordert sei, «sich das Wissen anzueignen, welches er für seine Tätigkeiten benötigt». Der Mitarbeiter könne also selbst entscheiden, welches Wissen er sich noch aneignen möchte und in welcher Form.
Bei Infinigate werden alle absolvierten Zertifizierungen zentral festgehalten, sodass anstehende Re-Zertifizierungen frühzeitig geplant werden können. Denn, so erklärt Dudli: «Als Distributor müssen und wollen wir unsere Mitarbeiter auf die einzelnen Produkte zertifizieren.» Und bei Abo-Storage kommt ein Customer-Relationship-Management (CRM)-System zum Einsatz, um den Überblick über anstehende Zertifizierungen zu behalten.

Sinn der Zertifizierungen

«Gerade im IT-Security-Bereich ist es wichtig, dass die meist sehr komplexen Produkte durch Spezialisten installiert und konfiguriert werden. Falsche Konfigurationen können verheerende Folgen für die IT-Infrastruktur haben», meint Dudli von Infinigate zur Notwendigkeit von Zertifizierungen. Es sei wichtig, das Know-how gegenüber dem Kunden belegen zu können. Zudem gebe ein absolviertes Zertifizierungstraining dem Mitarbeiter die Sicherheit, das Produkt und sämtliche Features zu kennen, so Dudli weiter.
Ins selbe Horn bläst Schneider von Abo Storage, die die Zertifizierungen als überaus nützlich bezeichnet. «Hier geht es um qualitative Schulungen und Menschen mit Know-how. Das erwarten die Kunden nach der Zertifizierung. Nur so lassen sich die Fachpersonen von den ‹Trial-on-Error›-Installierenden unterscheiden» betont die Service Managerin. Unterstützung erhält sie dabei von Flükiger von Itelligence: «Für Kunden ist die Zertifizierung eines Beraters ein guter Anhaltspunkt für sein Ausbildungsniveau.»

Auch Ontrex ist ein starker Befürworter der Zertifizierungsprozesse und der Ansicht, dass Hürden zur Erlangung von Zertifizierungen bewusst hoch gesetzt werden müssen, um zu gewährleisten, dass eine Zertifizierung wirklich nur von gut ausgebildeten Partnern erlangt werden kann. Denn nur so behalte sie ihren ursprünglichen Sinn: den Nachweis über die Fähigkeiten des Partners. «Zertifizierungen sind – wenn diese anspruchsvoll sind, neutral sind und die Fragen nicht im Vorfeld bereits über das Internet auswendig gelernt werden können – unserer Meinung nach ein probates Mittel, um die Spreu vom Weizen zu trennen, das heisst, den Ausbildungsstand der Partner zu überprüfen und nach aussen hin zu dokumentieren», erklärt Sawade. Denn gerade in einem technisch anspruchsvollen Umfeld wäre es laut Sawade kontraproduktiv, wenn Unternehmen, die keine entsprechende Ausbildung haben, durch etwaig schlecht durchgeführte Projekte den Ruf der Produkte schädigen.
So sieht Ontrex die Zertifizierungen denn auch nicht als Mittel für die Hersteller, um zusätzliche Einnahmen zu generieren. «Am Beispiel Symantec ist es so, dass sich die zusätzlichen Einnahmen für den Hersteller in sehr engen Grenzen halten, die kaufmännischen Prüfungen sind kostenlos, die schriftlichen Prüfungen bewegen sich im Rahmen von unter 50 Franken pro Prüfung, zahlbar an das unabhängige Prüfungsinstitut», erklärt Sawade. Aber auch Helpline und Nexthink würden nicht von den Zertifizierungsprüfungen an sich profitieren, so Sawade weiter, wohl aber davon, «letztendlich über eine gut ausgebildete Partnerlandschaft den Absatz der Produkte und den Erfolg der Projekte zu erhöhen». Eine anspruchsvolle, neutrale Zertifizierungsprüfungen sei daher ein Mittel, zusätzliche Einnahmen zu generieren, «aber keinesfalls aus der Prüfung per se – diese ist für einen seriösen Hersteller mit einigen Kosten verbunden, welche weit höher liegen, als die damit zu erzielenden Prüfungsgebühren – sondern über die gesteigerten und dokumentierten Fähigkeiten der Partnerlandschaft.»

Weitere Schulungen

Nebst den Zertifizierungen durch Hersteller hat Itelligence eine eigene Academy aufgebaut, die laut Flükiger Schulungen für Mitarbeiter und Kunden anbietet. Zudem werden hier auch Soft Skills wie Projekt- oder Change-Management vermittelt. «Ein weiterer wichtiger Punkt sind die Selbststudien in kleinen Teams an Demo-Systemen. Dazu hat Itelligence eine umfangreiche Demo-Landschaft aufgebaut. In Worskshops tauschen die Berater dann untereinander das so erworbene Wissen und die Erfahrungen aus», ergänzt Flükiger.
Auch Ontrex verfügt wie Itelligence über ein eigenes Schulungszentrum, die Ontrex Academy. «Die Mitarbeiter unserer Schulungsabteilung erarbeiten sich mit Unterstützung durch technisch hochqualifizierte Fachkräfte des Herstellers (3rd Level) alle Informationen zu den jeweiligen Produkten», so Sawade. Daraus würden dann die Schulungskurse für die Kunden und die Ontrex-Mitarbeiter entstehen. «Die Ontrex-Mitarbeiter aus den Bereichen Vertrieb, Consulting, Support werden zusätzlich in eigens auf sie zugeschnittenen Kursen durch unsere Schulungsabteilung geschult», ergänzt Sawade. Und technische Mitarbeiter können sich im Hands-on-Verfahren selbst noch mit den Produkten auseinandersetzen: «Hier ist natürlich ein hohes Mass an Eigenverantwortung Voraussetzung, was aber nie zu Problemen geführt hat. Neue Mitarbeiter werden in Projekten in einer Art Mentoring grundsätzlich zuerst von erfahrenen Mitarbeitern betreut.»
Und Dudli von Infinigate erklärt: «Wir führen regelmässig interne Produktschulungen durch, bei denen Themen wie Lizenzierung oder technische Features vorgestellt und besprochen werden.» Zudem können interne Mitarbeiter auch an Trainings oder themenspezifischen oder technischen Workshops für Kunden teilnehmen, um ihr Wissen zu erweitern, so Dudli. Denn schliesslich sei die Schulung der Mitarbeiter ein zentraler Punkte, betont der Teamleader Techservices beim Schweizer Distributor abschliessend. (abr)


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