Der Internationale: Sacha Ghiglione, CEO, Prime Computer

Sacha Ghiglione, seit 2019 CEO von Prime Computer, kann mit seinen 34 Jahren auf ein äusserst abwechslungsreiches Leben zurückblicken. Er hat italienische und belgische Grosseltern, wurde in Deutschland geboren, ist Franzose und Holländer, hat in sieben Ländern gelebt und gearbeitet und wohnt seit zwölf Jahren in der Schweiz. In seinem Studium in New York hat er seine Frau kennengelernt, ebenfalls eine gebürtige Deutsche, die seit 32 Jahren in der Schweiz lebt. Geheiratet wurde 2015.

Vielfältige Karriere

Auch die berufliche Karriere von Sacha Ghiglione zeigt sich vielfältiger als bei manch anderen CEOs von IT-Firmen. Nach dem Abitur in Deutschland ist er, wie er sagt, «in die Deluxe-Hotellerie reingerutscht». Er hat im Badrutt Palace in St. Moritz und einem ­Luxushotel in Cannes gelernt und liess sich zum Sommelier ausbilden. Beeindruckt haben ihn ­neben all den Prominenten, mit denen man in diesem Beruf in Kontakt kommt, ganz besonders Führungspersonen aus der Wirtschaft. «Ich hatte eine Begegnung mit A. G. Lafley, dem damaligen Chairman von Procter & Gamble, und fragte ihn, wie ich lernen könne, ein guter Leader zu werden.» Die Antwort: Erstens darf man sich nicht auf ein Thema spezialisieren, sondern soll sich mit vielen verschiedenen Dingen befassen. Und zweitens sollte man rund um den Globus unterschiedliche Kulturen kennenlernen, denn das mache einen zu einem besseren Menschen.


Dies hat Ghiglione sich zu Herzen genommen. Er ist viel gereist, auch beruflich, und war in den unterschiedlichsten Branchen und Funktionen tätig. «Ich habe ursprünglich Tourismus, Marketing und Event Management studiert, dann am Berkeley College in New York Product Development und Change Management. Für die Netts Gastronomie war ich als Managing Director und Change Manager tätig. Bei einem St. Galler Kosmetikunternehmen durfte ich in 42 Ländern den Markt weiter entwickeln, danach nahm ich einen Abstecher ins Schmuckbusiness.» Mit seiner eigenen Firma SG Brand Studios hat er KMU in Sachen Marketing & Communications unterstützt, und er ist in mehreren Advisory Boards von Unternehmen und Organisationen sowie als Investor aktiv.

Nachhaltigkeit im Zentrum

Wenn man sich mit Sacha Ghiglione unterhält, merkt man bald, dass er für ein Thema regelrecht brennt: Nachhaltigkeit. Und zwar echte Nach­haltigkeit und nicht das Marketing-Buzzword, das man allenthalben hört. «Es gibt viel Green­washing auf hohem Niveau. Behörden und Konzerne sprechen von Net Zero 2050 und es ist kaum etwas dahinter – es ist als ob man sagte, man höre in 28 Jahren auf zu rauchen und raucht dann 27 Jahre lang nach Herzenslust weiter.»


Persönlich ist Ghiglione im Jahr 2009 mit dem Nachhaltigkeitsthema in engen Kontakt gekommen. Parallel zum Studium in New York hat er als Editorial Assistant für das Chronicle Magazine der UNO gearbeitet. «Der Klimawandel war schon damals ein sehr wichtiges Thema für die Vereinten Nationen, ich habe dort zum ersten Mal den massiven Need for Change so richtig mitbekommen.» Privat lebt er seither möglichst klimafreundlich: wenig Plastik nutzen, längere Flüge vermeiden. Er fährt ein Elektroauto und isst seit zweieinhalb Jahren kein Rind- und Kalbfleisch mehr. Beruflich wurde die Nachhaltigkeit zum Kernthema, als Sacha Ghiglione zum ersten Mal Vater wurde. «Das war der Moment, in dem ich beschloss, der Nachhaltigkeit mehr Zeit zu widmen, sowohl bei Prime Computer als auch in meinen anderen Aktivitäten. Ich sitze zum Beispiel in der europäischen technologischen Handelskammer Eutec und bin dort im Board der Climate Action Commission. Für solche Engagements wende ich viel Zeit auf, neben meinem 120-Prozent-Job bei Prime.»

Transformation bei Prime Computer

Es ist also kein Wunder, dass sich Prime Computer seit dem Eintritt von Sacha Ghiglione immer stärker auf Nachhaltigkeit ausrichtet und eine regelrechte Transformation durchgemacht hat. Und dies nachweisbar: «Wir sind hundert Prozent ­klimaneutral in Bezug auf Scope-1-, -2- und -3-Emissionen. Das kann in Europa so gut wie kein anderer IT-Hersteller vorweisen. Nachhaltigkeit steckt heute im Kern der Firma.» Auch ganz kleine Dinge tragen zur Nachhaltigkeit bei. So hängen am Eingang der Büros Baumwolltaschen. Wer einkaufen geht, nimmt sich eine und muss im Laden keine Plastik- oder Papiertüte nehmen. «Solche simplen Massnahmen bewirken schon eine Mindset-Änderung.» Dem Geschäft hat dies keineswegs geschadet: Seit 2019 hat sich bei Prime der Umsatz verdoppelt, und das Team hat heute die vierfache Grösse.


Von autoritärer Führung hält der Prime-Computer-CEO nichts. Am Anfang seiner Karriere, in der Hotellerie, ging es sehr diszipliniert zu. Das sei zwar eine gute Lebensschule, aber er wollte seine Teams in den verschiedenen Ländern nicht so führen. «Auf einen autoritären Führungsstil reagiere ich allergisch. Ich bin ehrlich und transparent, gehe mit Dankbarkeit an die Sache und versuche stets freundlich und direkt zu sein.» Das heisse nicht, dass man keine klare Ansage machen könne und keine Autorität ausstrahle. «Aber man kann es in Form eines Feedbacks tun und mit den Leuten reden.» Er sei als CEO da, um den Mitarbeitenden zu helfen, den nächsten Schritt zu tun. «Kurz: Ich arbeite für die Mitarbeitenden.»

Freizeit: Wenig, aber hohe Qualität

Ob Sacha Ghiglione noch Freizeit bleibt? «Meine Frau meint, es sei zu wenig, und ich muss ihr ­irgendwie zustimmen.» Trotzdem: Er nimmt sich gerne Zeit, in die Natur zu gehen, gerade auch mit seinen zwei dreieinhalb Jahre und neun Monate ­alten Kindern. «Meine Kleine hält mich auf Trab, ist wie ein Schwamm und will alles wissen. Ich versuche zu vermitteln, was die Umwelt und den Planeten bewegt, zum Beispiel welche Bedeutung die Bienen für uns Menschen haben.» Punkto Sport war Handball in der Jugend ein grosses Thema, heute geht es eher in Richtung Fitness. Sacha Ghiglione ist überdies ausgebildeter Taucher. «In den letzten Jahren kam ich nicht mehr zum Tauchen, und ich vermisse es sehr. Aber der nächste Beach-Urlaub kommt bestimmt, und dann werde ich mich wieder ins Wasser stürzen.»

Sacha Ghiglione

Der heute 34-jährige Sacha Ghiglione hat italienische und belgische Grosseltern, wurde in Deutschland geboren, ist Franzose und Holländer und hat in sieben Ländern gelebt, studiert und gearbeitet. Seit zwölf Jahren wohnt er in seiner Wahlheimat Schweiz, zusammen mit seiner Frau und zwei kleinen Kindern. Er blickt auf eine diversifizierte Karriere in vielen Branchen zurück und amtet seit Anfang 2019 als CEO von Prime Computer, wo er das Thema Nachhaltigkeit zum Kern der Firmenstrategie gemacht hat. In seiner spärlichen Freizeit geniesst er die Natur, widmet sich der Familie und ist als gelernter Sommelier manchmal auch einem guten Glas Wein nicht abgeneigt. (ubi)