Sie ist nicht Mainstream. Das wird einem rasch klar, wenn man die Lebensgeschichte von Ana Campos, Co-CEO von
Trivadis, hört. Da sind zum einen die spanischen Wurzeln, das spanische Herz, das auch nach 44 Jahren in der Schweiz stark in ihrer Brust schlägt. Da ist ihre Kindheit, die aufgrund des behinderten Bruders nicht immer einfach war. Und da ist die Tatsache, dass Ana Campos mit einer Frau zusammenlebt und mit ihr zwei Kinder hat.
Den Weg in die Schweiz ebneten die Grosseltern von Ana Campos nach der Franco-Ära, um ihrer Familie ein Leben in Freiheit ermöglichen zu können. "Daraus ist mein unbändiger Wunsch gewachsen, mich selbst sein zu dürfen. Ich möchte mich entfalten können und nicht getrieben in einer Maschinerie gefangen sein. Denn das Opfer, das mein Grossvater erbracht hat, damit wir anders aufwachsen können als er, soll nicht umsonst gewesen sein", betont die heute 44-Jährige.
Nebst der Tatsache, dass sie hierzulande als Kind immer die Ausländerin war und auch in Spanien als Ausländerin angesehen wurde – "etwas, das nebst aller Vorteile wie dem Kennenlernen verschiedener Kulturen und der Mehrsprachigkeit doch mit einem gewissen Schmerz verbunden war" –, prägte die schwere Behinderung ihres Bruders, einem äusserst starken Epileptiker, die Kindheit von Ana Campos. "Die Krankheit meines Bruders beanspruchte meine Eltern stark. Das war manchmal schwer, half mir aber auch, meinen eigenen Weg zu gehen. Es hat mich gelehrt, stark zu sein und für das einzustehen, was mir wichtig ist." Halt habe ihr in dieser Zeit die Kunst gegeben. Und auch heute noch findet sie ihren Ausgleich beim Malen in ihrem Atelier oder beim Fotografieren. "Für Sport und Kunst nehme ich mir Zeit. Denn ich bin nur stark, wenn ich mental fit bin." Und in der Natur, mit ihren zwei Hunden und der Familie, kommt Ana Campos zur Ruhe. "So gerne ich den Austausch habe, manchmal brauche ich es, den Pausenknopf zu drücken und in der Natur Energie zu tanken."
Titel sind unwichtig
Nach einem Au-Pair-Jahr in der Westschweiz, dem KV, einem Aufenthalt in den USA und einem Wirtschaftsinformatik-Studium war Ana Campos als Beraterin bei Peoplesoft tätig, bevor sie als Selbständige ins Berufsleben startete und mit Kollegen ein IT-Beratungsunternehmen gründete. "Das war eine spannende Zeit, weil ich viel lernen und bewegen konnte." Obwohl ihr Unternehmen höchst erfolgreich war, ging Ana Campos auch hier wieder einen eigenen Weg und verkaufte die Firma nach dreieinhalb Jahren. "Mein Unternehmen war auf die Schweiz fokussiert – mir war es aber wichtig, verschiedene Erfahrungen zu sammeln und eine globale Rolle einzunehmen." So wechselte Ana Campos zu Swiss Re, wo sie auch den Einstieg in den HR-Bereich fand und parallel einen Master in Advanced Studies in Human Resources absolvierte.
Bei ihrer nächsten Station bei New Re hatte Ana Campos schliesslich das erste Mal End-to-End-Verantwortung. Gleichzeitig machte sie Ausbildungen in Organisationsentwicklung und Coaching. "Dabei mussten wir als erstes uns selbst entdecken, uns selbst auf die Spur kommen. Da habe ich auch gemerkt, dass es für mich Zeit war, weiterzuziehen." Als sie erfuhr, dass bei
Trivadis jemand für den HR-Bereich gesucht wurde, war sie begeistert: "Die Position war wie für mich gemacht, denn Trivadis vereint meine zwei Welten IT und HR bestens."
Eingestellt als Head of HR war eine der ersten Amtshandlungen von Ana Campos die Änderung ihres Titels zu Head of People and Organisational Development. "Alle haben mich für komplett verrückt gehalten, denn in der HR-Welt ist dieser Titel eine Herabstufung. Aber ich wollte ein neues HR für Trivadis errichten, das das Business unterstützt und so das Unternehmen weiterbringt. Titel sind mir egal. Es geht mir darum, was ich bewirken kann. Und ich kann gut zwischen Business und HR vermitteln, denn die beiden Bereiche ticken unterschiedlich."
Trivadis #1
In dieser und der nächsten Nummer von "Swiss IT Reseller" portraitieren wir die neue Doppelspitze von Trivadis. Im Dezember folgt das Portrait von Co-CEO Gerald Klump.
Karriere nicht mehr um jeden Preis
Seit September 2018 steht Ana Campos nun zusammen mit Gerald Klump als Co-CEO an der Spitze von Trivadis. Auch hier zeigt sich, dass Ana Campos nichts tut, ohne ein klares Warum zu haben, und auch bereit ist, unkonventionelle Wege zu gehen, wenn sie dem entsprechen, woran sie glaubt. So hat sie die Übernahme einer CEO-Funktion bei Trivadis an eine Bedingung geknüpft: "Ich gehe jeden Tag, ausser wenn es wirklich nicht anders geht, pünktlich aus dem Büro, damit ich meinen grossen Jungen aus der Kita abholen, gemeinsam mit der Familie kochen und essen kann. Wenn die Familie im Bett ist, arbeite ich weiter. Aber diese Pause ist mir wichtig." Sie wolle nicht zu denjenigen Müttern gehören, die, wenn die Kinder gross sind, merken, dass sie keine Zeit mit ihnen hatten. "Als ich mich für Kinder entschieden habe, war mir klar, dass ich sie aufwachsen sehen will."
Als Co-CEO von
Trivadis, aber auch als Mensch will Ana Campos einen Mehrwert schaffen und Dinge vereinfachen. "Wir haben bei Trivadis so viele Möglichkeiten, das Leben und Arbeiten von Menschen durch intelligente Lösungen zu vereinfachen. Und zwar so, dass es sich völlig selbstverständlich für sie anfühlt." Was das im Einzelfall bedeuten kann, weiss sie, seit ihr Bruder einen Chip trägt: "Der Chip hilft, epileptische Anfälle frühzeitig zu erkennen. So können sich alle Beteiligten darauf einstellen und den Anfall manchmal sogar abmildern." Auf dem Weg zu ihrer Vision setzt Ana Campos auf kreative Lösungen. "Das macht meine Persönlichkeit aus. Wenn man sich verkleiden muss, damit man passt, dann ist das nicht mehr zeitgemäss. Es soll jeder so daherkommen und sein Potential ausleben, so wie es passt." Das wünscht sie sich auch für ihre Kollegen und ihre Familie. "Auch meine Kinder sollen das machen, was ihr Herz höherschlagen lässt. Das Leben ist zu kurz, um unglücklich zu sein mit dem, was man tut."
Ana Campos
Zusammen mit ihrem Bruder ist Ana Campos in der Schweiz aufgewachsen, nachdem ihre Grosseltern Spanien verlassen hatten und in die Schweiz migrierten. Nach einem Jahr als Au-Pair in der Westschweiz, der KV-Lehre und einem Wirtschaftsinformatik-Studium gründete sie mit Freunden ein IT-Beratungsunternehmen, bevor sie zu Swiss Re wechselte und parallel dazu den Master of Human Resources machte. Nach einer Zwischenstation bei New Re und einer Ausbildung in Organisationsentwicklung und Coaching landete Campos Anfang 2017 bei
Trivadis, wo sie zuerst den HR-Bereich leitete und nun seit September 2018 zusammen mit Gerald Klump (mehr zu ihm erfahren Sie in der Ausgabe 12) als Co-CEO amtet. Ana Campos lebt mit ihrer Partnerin und ihren zwei Kindern in Islisberg.
(abr)